Archäologie: Der Mensch kam, sah und ruinierte

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Eine Neudatierung der Besiedelung Neuseelands zeigt, dass Umweltschäden auf dem Fuße folgten.

Wie lange brauchen Menschen, um Paradiese zu Höllen zu machen, weniger pathetisch: um ihre Umwelt so auszubeuten, dass sie selbst nichts mehr zum Leben finden? Das wird vor allem am Beispiel jener Region der Erde debattiert, die als Letzte besiedelt wurde, die der Inselwelt im östlichen Pazifik. Dort wurde viel ruiniert, die Osterinsel etwa, sie ist, spätestens seit Jared Diamonds „Collapse“, die Metapher für unsere Hybris geworden, irgendwann war der letzte Baum weg, auch auf vielen anderen Inseln. Man weiß bei vielen Inseln ungefähr, wann das Ende kam – aber man weiß nur grob, wie lange es ab der Ankunft der Siedler gedauert hat: Man weiß nicht, wann sie kamen.


Denn die Datierungen differieren oft um Jahrhunderte, etwa im Fall Neuseelands. Dort galt erst eine „kurze Chronologie“: Das älteste datierbare archäologische Zeugnis – eine Moa-Eischale aus Grabbeigabe – stammt von 1285 bis 1300, man gab ein paar Jahrhunderte zu und vermutete eine Einwanderung um 800. Aber Mitte der 90er-Jahre datierte man wieder, alte Rattenknochen aus alten Eulennestern: Ratten gab es vor den Menschen auf den Inseln nicht, die Siedler brachten sie mit, als lebenden Proviant auf ihren wochenlangen Seefahrten.

Nicht alle wurden verzehrt, dafür verzehrten sie – einmal an Land – viel, Vogeleier, Baumfrüchte, und sie selbst wurden von Eulen verzehrt. Die Datierung brachte eine Überraschung, Ratten waren in den Jahren eins bis 500 auf Neuseeland aufgetaucht, nun galt eine „lange Chronologie“ (obwohl Neudatierungen auf anderen Inseln viel spätere Besiedelungen zeigten als früher vermutet).

„Sofortige und rasche Transformation“


Aber die Datierung war falsch, bei Knochen gibt es leichte Verunreinigungen. Eine Gruppe um Janet Wilmhurst (Lincoln) hat nun wieder datiert, an damals datierten Rattenknochen – aus Museen – und an anderen aus alten Eulenhöhlen. Zudem grub man in Sedimenten nach Baumfrüchten, Vogelschnäbel hinterlassen andere Spuren als Rattenzähne. Alles deutet auf eine ganz kurze Chronologie: Die Einwanderung war um 1280, fünf Jahre vor der ersten archäologischen Spur. Und kurz vor anderen archäologischen Spuren, Entwaldung, Verschwinden von Arten: „Die Einwanderer initiierten eine sofortige und rasche biotische Transformation“, schließen die Forscher. Nur die Größe der Inseln verhinderte, dass es Neuseeland erging wie der Osterinsel (Pnas, 2. 6.). sjl

(Die Presse, Print-Ausgabe, 03.06.2008)

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