Homosexualität hängt mit Hirn-Symmetrie zusammen

(c) AP (Jacek Turczyk)
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Schwedische Forscher finden Charakteristika für die sexuelle Orientierung im Hirn. Gehirne von homosexuellen Männern sind so symmetrisch wie die von Frauen.

Die Gehirne von Männern zeigen im Gegensatz zu den Gehirnen von Frauen eine leichte, aber typische Asymmetrie: Die rechte Hälfte des Großhirns ist etwas größer als die linke. (Im Kleinhirn gibt es keinen solchen Unterschied.) Das gilt nur für heterosexuelle Männer: Die Hirne von Homosexuellen sind – im Durchschnitt – so symmetrisch wie die von Frauen.

Dieses Ergebnis, destilliert aus Untersuchungen an insgesamt 90 Menschen, berichten Hirnforscher am Karolinska-Institut in Stockholm in Pnas (online 16.6.). Sie fanden auch offenbar mit der sexuellen Ausrichtung korrellierende Unterschiede im Ausmaß der Verbindungen („Konnektivität“), die von bestimmten Hirn-Arealen ausgehen. Vor allem von der Amygdala, in der negative Emotionen (vor allem Angst) verarbeitet werden. Und zwar ist bei homosexuellen Männern und heterosexuellen Frauen die linke Amygdala stärker vernetzt, bei homosexuellen Frauen und heterosexuellen Männern dagegen die rechte.

Diese Unterschiede könnten damit zu tun haben, dass Frauen signifikant häufiger an Gemütskrankheiten leiden als Männer – und auch dass bei homosexuellen Männern häufiger Depressionen und Selbstmordversuche vorkommen als bei heterosexuellen, schreiben die Autoren. Hier liegt ein Einwand auf der Hand: Das könnte wohl auch an der mangelnden gesellschaftlichen Akzeptanz von Homosexualität liegen.

Dass auch in der Anatomie und Physiologie des Gehirns Unterschiede zwischen den Geschlechtern bestehen, ist keine Überraschung – verblüffend sind eher die Ähnlichkeiten zwischen Homosexuellen und dem Geschlecht, von dem sie sich jeweils nicht angezogen fühlen.

Angeboren oder erlernt?

Und es fragt sich, was sich bei solchen Unterschieden immer fragt: Sind sie schon genetisch geprägt (also „ererbt“), durch hormonelle Einflüsse im Mutterleib entstanden (also „angeboren“, aber nicht „ererbt“), oder sind sie im Lauf des Lebens erworben („erlernt“)? Ihre Studie erlaube keine solchen Unterscheidungen, schreiben die Autoren, sie betonen aber die Bedeutung hormoneller Einflüsse. Und verweisen auf eine Arbeit an Rhesusaffen: Bei denen haben die Männchen mehr Rezeptoren für Androgene (männliche Sexualhormone) in der rechten Hirnhälfte, während bei Weibchen die Verteilung symmetrisch ist. tk

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2008)

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