Innsbrucker Uni-Rat attackiert „Nature“

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Scharfe Reaktion auf einen Kommentar der Fachzeitschrift zu einer heftig kritisierten Therapie.

„Something, it seems, is rotten in the state of Austria.“ In diese Variation eines „Hamlet“-Zitats („Es ist etwas faul im Staate Dänemark“) mündete ein scharfer Kommentar der hoch angesehenen britischen Wissenschaftszeitschrift Nature (454, S.918) über Zustände an der Medizinischen Universität Innsbruck. Deren Universitätsrat schießt nun zurück: „Probably there is something wrong in the journal ,Nature‘.“

Anlass des Konflikts sind Publikationen des Urologen Hannes Strasser über eine (angeblich auf Stammzellen basierende) Therapie von Inkontinenz, die von mehreren Seiten heftig kritisiert wird. Diesen Fall nennt auch der Uni-Rat „eine besonders hässliche Art von wissenschaftlichem Fehlverhalten“, er werde „disziplinarrechtliche Konsequenzen“ haben.

Warum wurde der Rektor abberufen?

Der Rat wirft aber Nature vor, „eine ganze Nation in Geiselhaft“ zu nehmen. Und protestiert dagegen, dass die Zeitschrift den Fall Strasser mit der – am 21.August durchgezogenen – Abberufung von Rektor Clemens Sorg durch den Uni-Rat in Zusammenhang bringt. Sorg sei wegen mangelnder Führungsqualität entlassen worden und nicht, weil er sich für Aufklärung der Urologie-Affäre eingesetzt hat. (In der Aussendung des Uni-Rats war u.a. von „Uneinsichtigkeit und fehlender Kooperationsbereitschaft“ Sorgs die Rede.)

Der Uni-Rat verdächtigt Nature, „willentlich“ als Instrument missbraucht worden zu sein. „Eine oder mehrere Personen“ hätten „zusammen mit dem abberufenen Rektor versucht, auch in seinem Heimatland Deutschland mit falschen Informationen und Anschuldigungen so viel ,Kollateralschaden‘ wie möglich zu produzieren“. Der Rat verwehrt sich auch gegen die Kritik, dass es keine Stelle gebe, die Fälle wissenschaftlichen Fehlverhaltens prüfe; er hält dagegen, die Gesundheitsagentur AGES prüfe alle klinischen Studien in Österreich.

Gar nicht geht der Rat auf einen Kritikpunkt ein: Georg Bartsch, Vorstand der Urologie, steht in den kritisierten Arbeiten als Mitautor, will damit aber nichts zu tun haben, wollte seinen Namen sogar im Nachhinein streichen. Laut Nature behauptet Bartsch nun schlicht, Strasser habe ihn „in honour of my seniority“ in die Autorenzeile aufgenommen; solche „Autorenschaft honoris causa“ ist verpönt, auch in Innsbruck. apa/tk

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2008)

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