Innovation: Solarstrom auch in der Nacht

Das Speichern von Sonnen-Energie brachte Siblik eine Auszeichnung ein.

Die Sonne liefert unglaubliche Mengen an Energie: Innerhalb von drei Stunden wird so viel Energie auf die Erde eingestrahlt, wie die Menschheit in einem ganzen Jahr verbraucht. Diese Energieform hat freilich zwei große Nachteile: Wenn die Sonne nicht scheint, dann ist es auch nichts mehr mit der Stromproduktion. Die Energieversorger stehen dann vor dem Problem, teure „Ausgleichsenergie“ bereitstellen zu müssen. Und: Solarstrom wird nicht zu denselben Tageszeiten produziert, bei denen der Strombedarf besonders hoch ist.

Damit sich Solarenergie wirklich durchsetzt, müssen also Zwischenspeicher her. Doch das ist recht schwierig – um nicht zu sagen: Es ist derzeit praktisch unmöglich. In diese Lücke will das Wiener Unternehmen Siblik stoßen. „Wir wollen ein System entwickeln, das Solarstrom wirtschaftlich zwischenspeichert“, sagt Dieter Greger, Experte beim mittelständischen Wiener Elektrotechnik-Unternehmen Siblik. „Unsere Vision ist es, dass jede Fotovoltaikanlage einen eigenen Zwischenspeicher hat und den Strom dann zu den Verbrauchern liefert, wenn er benötigt wird“, sagt er.

Mit dieser Idee erreichte das Unternehmen nun den ersten Platz bei dem Förderwettbewerb „Vienna Environment“, den die Wiener Technologieagentur ZIT ausgeschrieben hatte. Schon seit 15 Jahren beschäftigt sich Siblik auch mit Solarenergie, nun soll ein Durchbruch erzielt werden.

Das Vorhaben klingt auf den ersten Blick gar nicht so kompliziert. Doch umso mehr Greger von dem Projekt erzählt, desto klarer wird, dass noch große Probleme zu knacken sind. Die Speichertechnologie selbst ist es allerdings nicht: „Es stehen Stromspeicher in ausreichender Größe zur Verfügung“, so der Experte. Etwa Vanadium-Redox-Flow-Akkus oder Natrium-Eisen-Batterien. Auch Wechselrichter, die den Gleichstrom aus der Solaranlage in Wechselstrom für das Stromnetz verwandeln, sind mittlerweile in allen Größenordnungen erhältlich.

Die wirkliche Schwierigkeit ist die Einbindung der Komponenten in ein Gesamtsystem. „Es gibt keine Konzepte, wie man das vernünftig miteinander verschalten kann“, berichtet Greger. Zumindest nicht für einen Speicher, der täglich Elektrizität aufnimmt und kontrolliert bei Bedarf wieder abgibt. Der Experte nennt ein Beispiel: „Alle am Markt befindlichen Speichersysteme sind auf Blei-Akkumulatoren ausgelegt.“ Blei-Batterien sind aber teuer und auch nicht gerade umweltfreundlich. Die neueren Akkubautypen haben aber ganz andere Charakteristiken: Sie können beispielsweise keine Spitzenströme liefern. Zur Anbindung an das Netz müssen deshalb völlig neue Steuerungen entwickelt werden. Siblik macht das in Kooperation mit externen Forschungsinstituten wie etwa Arsenal Research.

Der springende Punkt ist dabei die Wirtschaftlichkeit – Siblik will schließlich ein Produkt entwickeln, das von Kunden akzeptiert wird. Gängige Speichersysteme sind vor allem zur Abdeckung von kurzfristigen Stromschwankungen ausgelegt: Die Versorgung soll unterbrechungsfrei sein. Die Kosten sind dabei sekundär. Bei einer Solaranlage soll der Zwischenspeicher aber die ganze Zeit wirtschaftlich betrieben werden.

„Wir sind bei der Solarenergie in den Startlöchern“, betont man bei Siblik. Das Geschäft gehe jetzt schon gut – allerdings nur im Ausland. Das Unternehmen exportiert nach Italien, Deutschland oder in die Schweiz. „Österreich ist derzeit unter ,ferner liefen‘.“ Der Grund dafür sei das Ökostromgesetz, das für Fotovoltaik-Förderungen einen Deckel eingezogen hat. Doch auch für den Heimmarkt erwartet Siblik ein Anspringen des Geschäfts. Greger: „In drei bis fünf Jahren kann Solarstrom wirtschaftlich sein.“ Was in seinen Augen auch für die Speichertechnologie gelten könne.

Environment Call

„Umwelttechnik für die Stadt“ lautete eine Ausschreibung der Wiener Technologieagentur ZIT (Zentrum für Innovation und Technologie). Ausgezeichnet wurden neben den Solarspeichern ein Projekt zur Lärmmessung von Straßenbahnen, ein System zur Ermittlung der Energiekosten von Neubauten sowie ein klimafreundlicher Routenplaner. Das Fördervolumen von 1,5 Mio. Euro löst Investitionen von 4,7 Mio. Euro aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2008)

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