Sanierung: Staat bei Volksbanken machtlos

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Der Bund steckte zwar eine Milliarde Euro in das marode Volksbanken-Spitzeninstitut, doch ihm fehlen wichtige Durchgriffsrechte, wie der Streit um den Chefposten zeigt.

Wien/Höll. Brauchen angeschlagene Banken Hilfe, muss es schnell gehen: Die Teilverstaatlichung des Spitzeninstituts der Volksbankengruppe, ÖVAG, wurde im Februar an einem Wochenende ausverhandelt. Trotz der Unterstützung in Milliardenhöhe verzichtete der Bund dabei auf Durchgriffsrechte, was sich nun zusehends als Bumerang herausstellt.

Denn die 62 regionalen Volksbanken in den Bundesländern, die für die Schieflage der ÖVAG mitverantwortlich sind, behielten die Mehrheit am Spitzeninstitut. Der Bund ist nur mit 43 Prozent beteiligt. Diese Machtverhältnisse spiegeln sich auch im neunköpfigen Aufsichtsrat wider: Die regionalen Volksbanken haben fünf Sitze und können die vier Vertreter des Staates überstimmen.

Und genau das könnte nun passieren, wenn es um die Besetzung des neuen ÖVAG-Vorstands geht. Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) spricht sich für den früheren Bawag-Vize Stephan Koren als neuen ÖVAG-Chef aus. Koren überzeugte auch im Bewerbungsverfahren, das der Personalberater Korn-Ferry durchführte.

Der ehemalige Bawag-Manager arbeitete ein Sanierungsprogramm aus, das Strukturveränderungen bei der ÖVAG vorsieht. Dies wäre für die regionalen Volksbanken mit Einschnitten verbunden. Koren nimmt aber den Job nur an, wenn dieser Plan auch umgesetzt wird. Zuletzt wurden Gerüchte gestreut, dass Koren statt der ÖVAG lieber Markus Beyrer als Chef der staatlichen Industrieholding ÖIAG nachfolgen wolle. Doch diese Spekulationen werden in Regierungskreisen zurückgewiesen.

Fekter hält an Koren fest

Korens Bestellung sollte eigentlich noch im Juli bei einer Aufsichtsratssitzung abgesegnet werden. Doch die regionalen Volksbanken legen sich dagegen quer. Am späten Montagabend soll eine Sitzung des ÖVAG-Aufsichtsratspräsidiums mit einem Eklat geendet haben. Weder das Finanzministerium noch Aufsichtsratspräsident Hans-Jörg Schelling nehmen dazu Stellung.

Die offizielle Sprachregelung lautet, die Sitzung sei ohne Ergebnis vertagt worden. Dem Vernehmen nach will Schelling in den nächsten Tagen die Bundesländer-Volksbanken davon überzeugen, dass Koren doch der beste Kandidat sei. Doch ändern die Volksbanken nicht ihre Meinung, kann der Staat angesichts der Stimmverhältnisse im Aufsichtsrat wenig tun.

Die Volksbanken sind dafür, dass nicht Koren, sondern Michael Mendel zum Zug kommt. Dieser leitet die ÖVAG interimistisch. Er war zuvor Generaldirektorstellvertreter und damit für die Verluste der vergangenen Jahren mitverantwortlich. Mendel ist in der ÖVAG für das „strategische und operative Risikomanagement“ zuständig.

Außerdem wollen die Volksbanken, dass Rainer Borns vom Genossenschaftsverband in den ÖVAG-Vorstand einzieht. Borns war einer der engsten Mitarbeiter von Hans Hofinger. Dieser hatte als früherer ÖVAG-Aufsichtsratspräsident die Lage beschönigt und konnte sich nicht durchsetzen. Vertreter des Staates sind skeptisch, was Borns betrifft.

Ein Bankeninsolvenzrecht fehlt

Auch wenn dieser Streit vermutlich mit einem Kompromiss enden wird (mögliche Lösung: Sowohl Borns als auch Koren ziehen in den Vorstand ein), ändert das nichts an der Ausgangslage: Der Einfluss des Staates ist bei der ÖVAG begrenzt. Warum hat Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) nicht gleich auf eine Mehrheitsübernahme der ÖVAG gedrängt? Hier rächt es sich, dass es noch immer kein Bankeninsolvenzrecht gibt. Denn derzeit kann der Bund nicht so einfach gegen den Willen der Haupteigentümer ein Finanzinstitut übernehmen. Die Aktionäre können gegen eine Enteignung klagen, was zu einem langen Rechtsstreit führte – ein solcher hätte die ÖVAG vermutlich zugrunde gerichtet.

Daher einigt sich das Finanzministerium bei Verstaatlichungen von Banken mit den Betroffenen auf einen Kompromiss. Die Volksbanken machten von Anfang an klar, dass sie bei der ÖVAG nicht die Mehrheit abgeben. Ursprünglich wollte die Regierung, dass sich die Inhaber von Volksbanken-Genossenschaftsanteilen mit 220 Mio. Euro an der ÖVAG-Sanierung beteiligen. Nach Protesten der Volks- und Raiffeisenbanken wurde dieser Plan fallen gelassen.

Auf einen Blick

Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) besteht darauf, dass der frühere Bawag-Manager Stephan Koren neuer Chef der maroden Österreichischen Volksbanken AG (ÖVAG) wird. Doch die regionalen Volksbanken legen sich als Haupteigentümer der ÖVAG dagegen quer. Sie befürchten, dass Koren ihren Einfluss beschneidet. Der Manager will bei den Volksbanken Umstrukturierungen vornehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2012)

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Kommentare

Verstaatlichung ganz lieb

Die ÖVAG hat den Staat rund eine Milliarde gekostet. Zu sagen hat er dort aber wenig.

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