Der amtierende Wirtschaftsminister Mahrer wurde vom ÖVP-Wirtschaftsbund zum Nachfolger von Christoph Leitl gekürt. Damit wird er Leitl auch in der Wirtschaftskammer nachfolgen.
Christoph Leitl, der langjährige Präsident des ÖVP-Wirtschaftsbundes, hat am Donnerstag die Weichen für seine Nachfolge gestellt. Wie die "Presse" bereits vorab berichtete, wird Wirtschaftsminister Harald Mahrer (44) der künftige Chef des Wirtschaftsflügels der ÖVP. Noch im Dezember soll Mahrer in einer Generalversammlung des Bundes gewählt werden. Leitl sprach bei der kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Donnerstag von einer "guten, harmonischen und einvernehmliche Übergabe an die nächste Generation". Man habe die Nationalratswahl und die einhergehenden Veränderungen in der Innenpolitik abwarten wollen. Die Wahl Mahrers im Präsidium erfolgte laut Leitl einstimmig. "Ich bedanke mich bei dir und beim Präsidium für die Wahl", sagte Mahrer zu Leitl.
Durch den Wechsel im Wirtschaftsbund ist mit dem selben Wechsel an der Spitze der Wirtschaftskammer zu rechnen. Der Wirtschaftsbund stellt als stärkste Fraktion in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) nämlich deren Präsidenten. Das ist derzeit noch Leitl, der auch hier von Mahrer aller Voraussicht nach abgelöst werden wird. Ein Zeitplan dafür war zu Beginn der Pressekonferenz vorerst noch offen. Bei der Pressekonferenz erklärte Mahrer jedenfalls schon: "Ich bin klar für die Pflichtmitgliedschaft".
"Scheuen keine Abstimmungen"
Einer Befragung über die Pflichtmitgliedschaft unter ihren eigenen Mitgliedern steht Noch-Wirtschaftsminister Mahrer - für alle Kammern - offen gegenüber. "Wir scheuen Abstimmungen in keiner Art und Weise", es müsse hier das Qualitätsargument gelten, sagte Mahrer am Donnerstag in einem gemeinsamen Pressegespräch mit Leitl. Bei einer Volksabstimmung über das Thema Kammer-Pflichtmitgliedschaft sei er dagegen "sehr sehr skeptisch".
Jedoch seien zur Frage, ob sie "auf der Höhe der Zeit seien", was ihr Service für die eigenen Mitglieder betrifft, "alle" Kammern "in Ziehung", das zu überlegen. In der WKÖ habe Präsident Leitl mit drei Reformen "eine lupenreine Leistungsbilanz vorzuweisen".
"Glühender" Verfechter der Selbstverwaltung
Mahrer verwies darauf, dass der Kammer-Gedanke ein liberaler, bürgerlicher sei und bezeichnete sich selbst als "glühenden" Verfechter der Selbstverwaltung. Die Staatsverfassung sehe hier eine Selbstverwaltung vor, das bedeute Freiheit von staatlicher Aufsicht und Freiheit von staatlichem Zwang. Das erste Handelskammergesetz sei 1848 verabschiedet worden.
Die Wahl verlief laut "Presse"-Informationen nicht ohne Gegenwind: Angeblich waren nicht alle leitenden Landes-Wirtschaftsbündler von der Personalie überzeugt. Manchen galt er zu modern, sie sollen WK-Wien-Präsident Walter Ruck favorisiert haben.
"Ich komme aus der Wirtschaft", dürfte bei Medienterminen einer der häufigsten (Neben-)Sätze des 44-jährigen ÖVP-Wirtschafsministers Harald Mahrer sein, der in Wien und im Oberkärntner Spittal lebt. Früher war Mahrer unter anderem als Unternehmensberater und im PR-Geschäft tätig. APA/GEORG HOCHMUTH
Seine politische Karriere startete schon während des Studiums bei der Aktionsgemeinschaft (AG), von 1995 bis 1997 war er ÖH-Chef an der WU Wien.Im Jahr 2011 wurde er Präsident der Julius-Raab-Stiftung, die er vier Jahre lang leitete. Mit dem Rücktritt Michael Spindeleggers im August 2014 wurde Mahrer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium unter Reinhold Mitterlehner. Im Bild: Bei der Angelobung durch Bundespräsident Heinz Fischer (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
Nachdem ÖVP-Chef Mitterlehner im Frühjahr dieses Jahres zurückgetreten ist und ihm Sebastian Kurz nachfolgte, übernahm der damalige Staatssekretär Mahrer das Amt des Wirtschaftsministers. Das Staatssekretariat wurde eingespart. Im Bild: Mit Kurz im Volksgarten (2016) (c) imago/Viennareport
Als Eigen-PR beherrscht es Mahrer als Politiker, ein jugendliches Image zu pflegen. Er darf nicht nur als wirtschaftsliberal eingeschätzt werden, sondern auch als gesellschaftsliberal - vor allem für eine konservative Partei. Im Bild: Startschuss für das Projekt Unternehmerin macht Schule. BMWFW/Christian Lendl
Kritiker werfen ihm das Produzieren allzu vieler "Luftblasen" vor. Wohlgesonnene hingegen sprechen von einem ehrgeizigen Politiker und Strategen, der sich nicht zu schade ist, auch einmal selbst Hand anzulegen und Strategiepapiere zu schreiben Marek Knopp
Ein politisches Fallbeispiel, das Mahrers Intentionen gut beschreibt, ist ein Förderprogramm namens "Global Incubator Network" (GIN). Es ist mit vier Millionen Euro dotiert und soll Start-ups nach Österreich locken. "Es geht um Innovation mit Fokus auf Start-ups und Spin-offs", sagte Mahrer, als er das Programm in Hongkong vor Investoren vorstellte und von Österreich als "the place to be" ("Platz, an dem man sein sollte") sprach. im Bild: Mit WKÖ-Vizepräsidentin Martha Schultz APA/BARBARA GINDL
"No sleep till Gründerland No.1", ließ Mahrer im Rahmen dieser Hongkong-Reise vor eineinhalb Jahre auf T-Shirts drucken. Wohl, um sein Ziel von einem Österreich als Topnation für Unternehmensgründungen zu verdeutlichen. Er steht für den jungen Teil der ÖVP, der auf Modernität und Selbstverantwortung pocht ... APA/ROBERT JAEGER
... Dabei kritisierte er immer wieder die SPÖ, Gewerkschaft und Arbeiterkammer. Das Arbeitsrecht stamme aus den 1960er/70er-Jahren und müsse erneuert werden. "Erwerbsfreiheit ist ein Menschenrecht", sagte er im Sinne von mehr Freiheiten für Einpersonenunternehmen (EPU). BPD/Dunker
In der ÖVP war Mahrer auch als "Spiegel" der jeweiligen Bildungsministerin tätig. Ihm eilt dabei der Ruf voraus, pragmatisch und offen an das Bildungsthema heranzugehen. Die sonst mit der SPÖ vorprogrammierten Grabenkämpfe ließ er weitgehend aus. Mit Gabriele Heinisch-Hosek vereinbarte er die Grundzüge der allerdings nach wie vor nur erst rudimentär umgesetzten Bildungsreform - inklusive High-Five für die "fast geile" Bildungsreform nach Verhandlungsende. Mit Sonja Hammerschmid (im Bild) zurrte er zuletzt das Schulautonomie-Paket fest, dessen Verabschiedung trotz bevorstehender Einigung mit der Lehrergewerkschaft allerdings noch in den Sternen steht. APA/HELMUT FOHRINGER
Mahrer ist laut Firmencompass derzeit Alleingesellschafter bei der HM Tauern Holding Beteiligungsgesellschaft m. b. H. mit Sitz in Spittal. Geschäftsführerin ist Mahrers Gattin. Mahrers Ehefrau Andrea Samonigg-Mahrer (im Bild) ist zudem nicht nur Chefin des allgemeinen öffentlichen Krankenhauses in Spittal, sie ist auch Vereinspräsidentin der Komödienspiele Porcia in der Oberkärntner Bezirksstadt. Gerne schaut sich ihr Mann dort auch das eine oder andere Stück an. APA/FRANZ NEUMAYR
Privat geht Mahrer, geboren am 27. März 1973 in Wien, auf die Jagd und schwimmt gerne - unter anderem im Millstätter See bei Spittal. Dort soll er manchmal auch privat auf Noch-Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) treffen. Die beiden können angeblich ganz gut miteinander. Auch Kern zieht es öfters an diesen See, wo er ein Haus besitzt. Im Bild: Bei der Weltpremiere von Mission Impossible Rogue Nation. imago/SKATA
"Ich komme aus der Wirtschaft": Harald Mahrer im Portrait
Leitl: "Weiß, wann es Zeit ist"
Das Mandat Leitls als Wirtschaftskammerpräsident würde eigentlich noch bis 2020 laufen. Zuletzt gab es von einigen Landesgruppen aber Kritik an Teilen seines Vorgehens. Von manchen negativ gesehen wird die aktuellste Kammerreform oder auch Zugeständnisse wie beim flächendeckenden 1.500-Euro-Mindestlohn bis 2020. Seine Nachfolge werde er rechtzeitig vor dem Auslaufen seiner Funktionsperiode regeln, betonte Leitl stets. "Ich habe immer gesagt, ich weiß, wann es Zeit ist", sagte er zuletzt.
Harald Mahrer (ÖVP) wird der neue Präsident der Wirtschaftskammer. Die Sozialpartner stellt er nur bei Reformunfähigkeit infrage. Den Kammerzwang gar nicht.
Wirtschaftsminister Harald Mahrer soll am 18. Dezember zum Chef des ÖVP-Wirtschaftsbundes gewählt werden. Doch nicht alle sind mit seiner Nominierung glücklich.
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