Banken kappen Agrarspekulationen

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ÖVAG und Raiffeisten Centrobank steigen als letzte österreichische Großbanken aus Nahrungsmittelspekulationen aus.

Wien/Red./Apa. Nach einem ungeschickten „Stolperer“ der teilverstaatlichten Volksbanken AG (ÖVAG) steigen nun die letzten österreichischen Großbanken, die noch solche Produkte im Portfolio haben, aus den Spekulationen mit Nahrungsmitteln aus: Die ÖVAG hat am Dienstag alle Fonds- und Veranlagungsprodukte, die Nahrungsmittelspekulationen enthalten, vom Markt genommen. Raiffeisen hat kurz darauf bekannt gegeben, jede Emission in diesem Bereich ersatzlos auslaufen lassen zu wollen. Bank Austria, Erste Bank und Bawag haben nach Eigenangaben keine entsprechenden Produkte im Portfolio.

Begonnen hat alles zu Wochenbeginn, als die ÖVAG ein neues Veranlagungsprodukt der Volksbank Investments AG namens „Agrar Rohstoff Garant 2“ zu bewerben begann. Und zwar so: „Neues Zertifikat lässt Anleger zu 120 Prozent (ohne Cap) am Aufschwung der weltweit wichtigsten Agrarrohstoffe partizipieren“. Genannt wurden speziell Mais, Zucker, Sojabohnen und Weizen. Dass in der Werbung dann noch besonders positiv hervorgehoben wurde, die Dürre in wichtigen Anbauländern werde zu einem beträchtlichen Anstieg der Preise für diese Produkte (und damit naturgemäß zu schönen Renditen) führen, brachte den Tiroler AK-Präsidenten Erwin Zangerl zur Weißglut: Es sei eine „Ungeheuerlichkeit“, dass eine Bank, die gerade erst mit Milliardenhilfen der Steuerzahler aufgefangen worden sei, bei Wetten mitspiele, die Produkte des täglichen Lebens teurer machten. Nebenbei verschaffte er der Bank die Zeitungsschlagzeile „Staatsbank zockt mit Lebensmitteln“.

Die Folge: Die Volksbank zog das Produkt augenblicklich zurück. ÖVAG-Vorstand Martin Fuchshuber ruderte mit den Worten zurück, der Handel mit jeglichen Produkten sei notwendig, um den Markt und damit die Wirtschaft stabil zu halten. Man verstehe aber auch die Argumente der Kritiker und werde das Produktangebot künftig „sensibler gestalten“.

Auch Deutsche steigen aus

Bei der Raiffeisen Centrobank, die nach Eigenangaben derzeit zwölf Produkte, die der Absicherung von Agrarpreisen dienen, im Portfolio hat, hieß es, man habe „die Diskussion schon seit einiger Zeit berücksichtigt“ und lasse diese Produkte nun einfach auslaufen. Mit zwölf von 4250 angebotenen Produkten sei dieses Segment ohnehin schon bisher „marginal“ gewesen.

Die österreichischen Banken sind freilich nicht die Ersten, die aus diesem Geschäft aussteigen. In Deutschland ist der öffentliche Druck dazu schon seit einiger Zeit sehr groß. Das hat dazu geführt, dass unter anderem die Commerzbank Anfang August angekündigt hat, Spekulationen auf Nahrungsmittel künftig zu unterlassen. Die zweitgrößte deutsche Bank hat alle Agrarprodukte aus ihrem Rohstofffonds ComStage ETF Commodity Index herausgenommen. Zudem verkündete die Bank, keine neuen börsenotierten Anlageprodukte auf Basis von Grundnahrungsmitteln mehr aufzulegen. Ähnliche Schritte haben auch die Deka Bank und die Landesbank Baden Württemberg (LBBW) gesetzt.

Spekulationen auf Grundnahrungsmittel sind in Verdacht geraten, am rasanten Anstieg der Lebensmittelpreise mitschuldig zu sein. Vielfach werden Termingeschäfte auf Agrarrohstoffe freilich als Absicherungsinstrument für die Produzentenpreise eingesetzt. Der Rückzug aus Agrarspekulationen dürfte insgesamt also lediglich Produkte betreffen, die auf dem breiten Anlegermarkt angeboten werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2012)

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