Afrika: Gold, Kakao und Ölquellen

Ghana. Die Börse dort existiert seit 22 Jahren, Toptitel ist – wenig überraschend – eine Minengesellschaft. Für risikobereite Anleger könnte das Land einen Blick wert sein.

Wenn in der Finanzbranche von aufstrebenden Märkten die Rede ist, denkt zunächst kaum jemand an afrikanische Länder. Tatsächlich gewinnt aber dieser Kontinent für Anleger – zumindest für solche, die Risiko nicht scheuen (müssen) – und auch für die Fondsindustrie an Bedeutung. Namhafte Branchenvertreter wie Mark Mobius, Chef der Templeton Emerging Markets Group, oder Fidelity-Fondsmanager Nick Price propagieren seit Jahren Afrika als Investmentregion. Begründung: Rohstoffreichtum und Wachstumspotenzial der dortigen Märkte.

Ein genauerer Blick könnte sich beispielsweise auf Ghana lohnen. Dieses Land wird, wenn es um Afrika-Investments geht, meist nicht an erster Stelle genannt, punktet aber mit Wachstum und politischer Stabilität. Sein Wirtschaftswachstum betrug im Jahr 2011 13,6Prozent, die Prognose für 2012 ist mit 8,8Prozent zwar niedriger, aber immer noch beachtlich. Relativiert wird der Aufschwung allerdings durch die Tatsache, dass ein großer Teil der Bevölkerung immer noch als Selbstversorger in der Landwirtschaft tätig ist und vom Wirtschaftswachstum kaum oder gar nicht profitiert.

Einen Börsenplatz gibt es dort seit mehr als zwei Jahrzehnten: Die Ghana Stock Exchange(GSE) besteht seit 12.November 1990. Das Schwergewicht bildet die MinengesellschaftAngloGold-Ashanti Ltd., die 1994 durch die Fusion von AngloGold und Ashanti Goldfields entstanden ist. Letztere war 1996 das erste afrikanische Unternehmen, das an der New York Stock Exchangegelistet wurde. Unter den in Ghana gelisteten Unternehmen findet man auch gute Bekannte wie Guinness Ghana Breweries (GGBL) oder Unilever Ghana (UNIL).

Gold, Kakao, Holz, Öl

Nicht von ungefähr dominiert eine Minengesellschaft den ghanaischen Aktienmarkt. Gold gehört – neben Kakao – zu den wichtigsten Exportprodukten des Landes. Beide haben aufgrund ihrer momentanen Weltmarktpreise einen kräftigen Schub für Ghanas Wirtschaft bewirkt. Rund 35Prozent des gesamten Exportvolumens mit einem Wert von rund 3,8 Mrd. US-Dollar entfällt auf sie. Ghana ist der zweitgrößte Kakaoproduzent der Welt, die EU und die USA sind die Hauptabnehmer. Der drittwichtigste Exportartikel ist Edelholz. Vor allem in den Jahren vor 2010 erfolgten allerdings laut WWF bis zu 60Prozent der Exporte illegal, seit Februar 2010 besteht ein Abkommen mit der EU zum nachhaltigen Holzexport.

Wesentlich zum Wirtschaftsaufschwung beigetragen haben auch die Ölvorkommen im Golf von Guinea vor Ghanas Küste, mit deren kommerzieller Nutzung 2010 begonnen wurde. 2011 wurde bereits eine Fördermenge von 80.000 bis 90.000 Fass pro Tag erreicht. Eine Schwachstelle ist bislang jedoch die mangelnde Transparenz der Zusammenarbeit des Landes mit den Ölfirmen. Zwar gab es mehrmalige Zusagen der Regierung, sich an die internationalen Standards halten zu wollen, ein entsprechendes „Oil Management Law“ wurde jedoch vom Parlament noch nicht ratifiziert.

Auch beim im Dezember 2007 unterzeichneten Interimsabkommen mit der EU im Rahmen der geplanten „Economic Partnership Agreements“ (EPA) steht die Ratifizierung noch aus. Es würde Ghana den Marktzutritt zur EU dauerhaft sichern, umgekehrt aber auch eine teilweise Liberalisierung der Einfuhr von Waren aus der EU in das afrikanische Land bedeuten.

Eindrucksvolle Erfolge kann Ghanas Regierung bei der Inflationsbekämpfung vorweisen. 2011 wurde die Inflationsrate erstmals auf einen einstelligen Wert – 8,5 Prozent – gedrückt. Das könnte jedoch nur eine Momentaufnahme sein; aufgrund der monetären Effekte der Öleinnahmen und des zu erwartenden Anstiegs der Lebensmittelpreise gehen Ökonomen davon aus, dass dieser Wert in den kommenden Jahren nicht zu halten sein wird. Die Prognosen für heuer liegen mit 9,6 Prozent bereits etwas höher.

Investitionsklima

Die Landeswährung wird von Bankenvertretern als stabil zum Dollar eingeschätzt. Standard & Poor's hat Ghana auf B/Stable/B eingestuft und sieht auch nach dem Tod von Präsident Atta Mills heuer im Juli keine Veranlassung, daran etwas zu ändern. Man geht davon aus, dass sich unter dem neuen Präsidenten John Mahama der eingeschlagene Weg kaum verändern wird und Ghana politisch stabil bleibt. Das Investitionsklima hat sich in den vergangenen Jahren stark verbessert, wenn es zuletzt auch einen Rückschlag gab. Im jüngsten „Doing Business“-Bericht rutschte das Land vom 63. auf den 64. Gesamtrang ab, in den Kategorien „Starting a Business“ und „Registering Property“ verlor es jeweils acht Ränge und liegt jetzt an 112. beziehungsweise 45. Stelle. In der Kategorie „Getting Credit“ schaffte es dagegen einen Sprung nach vorn – vom 38. auf den 23. Platz. Das Land gilt als vergleichsweise fortschrittlich, es gibt aber bürokratische und logistische Hindernisse für Investoren sowie Unsicherheiten beim Grunderwerb und bei der Durchsetzung rechtlicher Ansprüche. Auch ein Mangel an ausgebildeten Arbeitskräften, vor allem außerhalb der Städte, und eine teilweise schlechte Infrastruktur – fehlende Kommunikationsverbindungen, schlechte Straßen, Energieprobleme – erschweren Investitionen. Die ghanaische Regierung bemüht sich jedoch glaubhaft um Verbesserungen und hat mit dem Ghana Investment Promotion Centre eine Anlaufstelle für Investoren geschaffen.

Auf einen Blick

Ghana punktet aus Anlegersicht durch hohes Wirtschaftswachstum und vergleichsweise stabile wirtschaftliche und politische Verhältnisse. Selbst nach dem Tod des Präsidenten Atta Mills heuer im Juli blieb das Rating bei Standard & Poor's gleich, ein Richtungswechsel unter dem neuen Staatschef wird nicht erwartet. Das Klima für ausländische Investoren ist vergleichsweise günstig. Im „Doing Business“-Bericht verlor das Land zuletzt einen Rang, Unsicherheiten gibt es unter anderem beim Grunderwerb. Beachtliche Erfolge erzielte Ghana dagegen bei der Inflationsbekämpfung. Die Landeswährung gilt als stabil zum US-Dollar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2012)

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