Jetzt droht auch noch Stagflation

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Den USA droht 2008 eine wirtschaftliche Stagnation bei gleichzeitig hohen Preissteigerungen. Das hat die Welt zuletzt vor 30 Jahren gesehen.

Mit der Warnung von Ex-Fed-Chef Alan Greenspan ist es sozusagen offiziell: Den USA droht im kommenden Jahr Stagflation, also eine wirtschaftliche Stagnation bei gleichzeitig hohen Preissteigerungen. Das hat die Welt zuletzt vor 30 Jahren, gegen Ende der siebziger Jahre, gesehen (auch damals hat der explodierende Ölpreis eine gewisse Rolle gespielt). Und das ist so ziemlich das schlimmste Szenario für die Börsen. Aktionäre werden sich 2008 also wohl wärmer anziehen müssen, als ihnen die Analysten bisher erzählen. Denn Stagflation erzeugt sehr starken Druck auf die Börsenkurse.

Dass in den USA wahlgekämpft wird, hilft Aktionären diesmal nicht. Denn Stagflation bringt die Notenbank Fed, die in Wahljahren normalerweise für guten Konjunkturwind sorgt, in eine teuflische Zwickmühle: Erhöht sie zur Inflationsbekämpfung die Zinsen, würgt sie die noch vorhandenen Konjunkturreste ab und macht Anlagealternativen zu Aktien attraktiv. Senkt sie die Zinsen, hilft sie kurzfristig der Konjunktur, lässt aber die Inflation davon galoppieren. In einer derartigen Situation kann die Fed eigentlich nichts richtig machen.

Für Anleger wird es ebenfalls schwieriger, sich in diesem Umfeld zu behaupten. Normalerweise entwickeln sich beispielweise zins- und konjunktursensitive Papiere nicht parallel, man kann zwischen ihnen hin- und her wechseln. In einem von Stagflation gekennzeichneten Markt kennen freilich beide eine klare Richtung: nach unten.

Experten meinen, dass nach den Kursrückgängen etwa im Finanzbereich und bei Immobilienpapieren nun auch jene Werte dran sein könnten, die bisher gut gelaufen sind. Tech-Aktien beispielsweise. Aber auch andere konjunktursensitive Bereiche wie etwa Industrie oder Rohstoffe könnten unter die Räder kommen, hieß es.

Einen Vorgeschmack lieferte der Montag, an dem die Stagflations-Andeutungen Greenspans die Börsen in Atem hielten: Am kräftigsten unter die Räder kamen da in den USA bisherige Börsenlieblinge wie Apple, Google oder Microsoft. Am Dienstag brachten akkordierte Liquiditätsspritzen der Notenbanken zwar wieder ein bisschen Entlastung (siehe Börsenbericht). Die Geldspritzen haben aber auch eine Kehrseite: Sie erhöhen die Inflationsgefahr. ju

AUF EINEN BLICK

Stagflation, also wirtschaftliche Stagnation bei gleichzeitig hohen Preissteigerungen, könnten Anlegern das Börsenjahr 2008 verhageln.

Kursrückgänge könnten dann auch jene Aktien sehen, die bisher gut gelaufen sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2007)

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