„Die Anleger werden einen Schock erleiden“

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Die Finanzkrise ist noch lange nicht ausgestanden: Immer noch verstecken die Großbanken Milliarden außerhalb der Bilanz in Zweckgesellschaften.

new York (Bloomberg/Red.). Noch im vergangenen August hat die angeschlagene US-Bank Citigroup eine strukturierte Anleihe auf Basis von Subprime- Hypotheken aufgelegt – obwohl die Subprime-Krise bereits die Märkte erschütterte. Das Papier mit dem schönen Namen Bonifacius Ltd. brach innerhalb von sechs Monaten zusammen, ebenso wie andere forderungsbesicherte Anleihen im Volumen von 190 Mrd. Dollar.

Das wirft ein Schlaglicht auf ein Problem, das noch nicht ausgestanden ist und die Finanzmärkte noch stark erschüttern könnte: Banken haben mehr als 1,5 Billionen Dollar an Collateralized Debt Obligations (CDOs) wie Bonifacius aufgelegt. Davon halten sie einen nicht bekannt gegebenen Anteil in so genannten Variable Interest Entities (VIE). Das sind Zweckgesellschaften, die nicht in der Bilanz auftauchen. Solche Konstruktionen haben eine tragende Rolle beim Zusammenbruch des Enron-Konzerns gespielt – und hätten danach eigentlich verboten werden sollen. Was dann aber doch nicht geschehen ist. „Das wirkliche Problem ist nach Enron nicht gelöst worden“, kritisiert etwa Lynn Turner, Chefbuchhalter bei der US- Wertpapieraufsicht SEC zur Zeit des Enron-Debakels. „Den Anlegern droht ein Schock“.

Die Variable Interest Entities sind eine neue Version der Zweckgesellschaften, die die Citigroup in der „Enron-Zeit“ geschaffen hatte. Weil diese nicht in der Bilanz auftauchen, erhalten die Banken mehr Handlungsspielraum: Sie müssen für diese Investments keine Reserven oder Eigenkapital vorhalten. Dabei müssen sie weder offen legen, welche Vermögenswerte sie an ihre „VIEs“ verkaufen, noch welche Preise dafür gezahlt wurden und ob deren Wert in der Zwischenzeit gesunken ist. Das macht es für Investoren schwer, einzuschätzen, wann die Subprime-Krise vorbei sein wird.

Die größten Halter von nicht mehr bedienten „CDOs“ sind laut Daten von Standard & Poor's und Bloomberg Merrill Lynch mit 39 Mrd. Dollar, Citigroup mit 35,1 Mrd. Dollar und die Schweizer UBS mit 20,1 Mrd. Dollar.

Weitere Verluste sind bei den Banken zu erwarten, sollten sie die Aktiva der „VIEs“ wieder in ihre Bilanzen aufnehmen müssen. Und genau das droht ihnen aufgrund der Krise am US-Häusermarkt.

AUF EINEN BLICK

Die Finanzkrise ist noch lange nicht ausgestanden: Immer noch verstecken die Großbanken Milliarden außerhalb der Bilanz in Zweckgesellschaften.

Diese Zweckgesellschaften haben im Enron-Skandal eine tragende Rolle gespielt. Ein diskutiertes Verbot blieb aber aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2008)

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