Lehman Brothers in Spendierlaune

Hillary Clinton wirbt fuer Obama
Hillary Clinton wirbt fuer ObamaAP (Anna Norris)
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Seit 1989 hat die insolvente Bank 9,2 Mio. Dollar an US-Politiker gespendet, vor allem an Demokraten. Größte Empfänger: Hillary Clinton und Barack Obama.

WASHINGTON/WIEN. Eine Ironie des Schicksals wollte es, dass der Welt viertgrößte Investmentbank Lehman Brothers just an jenem Tag ihren Bankrott verkündete, an dem Barack Obama den Rekord für Parteispenden vermelden durfte. 66 Mio. Dollar (46 Mio. Euro) an Wahlkampfspenden sind dem Präsidentschaftskandidaten der Demokraten allein im August zugeflossen: Das hat noch kein Politiker vor ihm geschafft. Seit Bekanntgabe seiner Kandidatur im im Februar 2007 hat der 47-jährige Senator laut „New York Times“ rund 340 Mio. Dollar an Spenden gesammelt: ein weiterer Bestwert.

Ironisch ist diese Überschneidung der Ereignisse deswegen, weil Lehman Brothers nicht unwesentlich daran beteiligt gewesen ist, Obamas Kassen zu füllen. Noch heuer schoss die Bank dem Demokraten 370.524 Dollar zu. Damit war Lehman der zehntgrößte Sponsor Obamas, wie aus einer Aufstellung der parteiunabhängigen Organisation „Open Secrets“ hervorgeht, die öffentlich zugängliche Daten über die Finanzierung der amerikanischen Politiker analysiert.

Dreimal mehr Geld als McCain

Bemerkenswert ist, dass Obama heuer von Lehman mehr als dreimal so viel Geld bekommen hat wie sein republikanischer Konkurrent John McCain (72), dem 117.500 Dollar zugeflossen sind.

Generell lässt sich sagen, dass Lehman Brothers eher den Demokraten als den Republikanern zuneigte. „Open Secrets“ hat Lehmans Zuwendungen an Politiker seit 1989 analysiert. Von 9,2 Mio. Dollar gingen 54 Prozent an die Demokraten. Rund drei Mio. Dollar davon gingen an 271 der 535 Abgeordneten des gegenwärtigen US-Kongresses. Die Demokraten erhielten 72 Prozent der Spenden.

Die größten Einzelsummen bekamen Hillary Clinton und Obama. Dahinter folgen mit Charles Schumer und Chris Dodd zwei weitere Demokraten, die im Bankenausschuss des Senats sitzen (Dodd leitet ihn). Im laufenden Wahlkampf hat Lehman 1,3 Mio. Dollar an Präsidentschaftskandidaten beider Parteien gespendet. Nur die deutlich größeren Banken Goldman Sachs und Morgan Stanley waren großzügiger.

Wes Brot ich ess...

Die Spenden wirken sich klar auf das Verhalten der Kandidaten aus. Noch im November 2007 war McCain strikt gegen die rückwirkende Straffreiheit von Telekomfirmen, die auf Betreiben der Regierung gesetzwidrig US-Bürger ausspioniert hatten. Seit 2007 hat er 1,3 Mio. Dollar von Telekomkonzernen bekommen. Das Abhören von Telefonaten nennt er nun „verfassungsgemäß und angebracht“, wie Matt Taibbi im „Rolling Stone“-Magazin festhält.

Auch Obama scheint sich dem Druck des Geldes nicht entziehen zu können. Als im Juli im Senat über den „Stop Excessive Speculation Act“ abgestimmt werden sollte, war er abwesend. Dieses Gesetz hätte es für Investmentbanken wie Lehman schwieriger gemacht, mit Rohstoffen zu spekulieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2008)

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