US-Banken: Gewinne dank neuer Bilanzierung

(c) AP (Bernd Kammerer)
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Die USA haben die Bewertungs-Regeln für faule Kredite gelockert. Manche „Quartals-Gewinne“ sind eigentlich Verluste. Experten zeigen sich daher nicht überzeugt, dass das Schlimmste schon ausgestanden ist.

New York. Ist es jetzt wirklich schon wieder gut? Aus dem US-Finanzsektor, von dem die weltweite Finanzkrise ausgegangen war, hörte man vergangene Woche erstmals wieder erfreuliche Nachrichten. Die Bankgiganten JP Morgan, Goldman Sachs und Citigroup gaben allesamt Bilanzgewinne für das erste Quartal bekannt. An den Börsen brach Jubelstimmung aus. Der wichtigste Index Dow Jones an der New Yorker Wall Street legte in drei Tagen mehr als zwei Prozent zu.

Verstärkt wird der Optimismus durch die Ankündigung von JP Morgan und Goldman Sachs, die im Vorjahr erhaltene finanzielle Unterstützung des US-Staates schnellstmöglich zurückzahlen zu wollen. „Wir haben das Geld nie gewollt“, tönten JP-Morgan-Chef James Dimon und Goldman- Sachs-Boss Lloyd Blankfein unisono. Die US-Regierung hatte allen Banken Geld geliehen, damit die Kunden nicht sämtliche Gelder von jenen Instituten, die das Geld tatsächlich dringend benötigten, abziehen.

„Erfolgreichstes Quartal“

Eine dieser konkursgefährdeten Banken war Citigroup. Ohne Staatshilfe hätte das Institut wohl nicht überlebt. Und da die einst größte Bank der Welt nun für das erste Quartal einen Nettogewinn von 1,6 Mrd. Dollar (1,21 Mrd. Euro) bekannt gab, sehen viele das sprichwörtliche Licht am Ende des Tunnels. „Das ist unser erfolgreichstes Quartal seit Anfang 2007“, sagte Firmenchef Vikram Pandit.

Allerdings: Um die Zahlen besser einschätzen zu können, lohnt sich ein Blick hinter die Fassade der Bilanzierung. Das von Pandit genannte Ergebnis beinhaltet nämlich nicht die Sonderdividende, die an die US-Regierung für die Staatshilfe in Höhe von insgesamt 45 Mrd. Dollar bezahlt werden muss. Zieht man diesen Wert ab, ergibt sich ein Verlust von 966 Mio. Dollar.

Und dann sind da noch abgeänderte Bilanzierungsregeln, um Verluste zu verstecken. So wurden Anfang April die Bewertungsregeln für faule Kredite entscheidend gelockert. Bei manchen Banken war man noch darüber hinaus kreativ. „Goldman Sachs: Ist der Dezember nie passiert?“, titelte das „Wall Street Journal“ vergangene Woche. Die einstige Investmentbank hat das Ende ihres Geschäftsjahres von November auf Dezember verlegt. Das Geschäftsjahr 2007/08 endete somit Ende November, das heurige begann erst Anfang Jänner.

Das ergab einen „Extramonat“, der bei der offiziellen Bekanntgabe der Zahlen nicht groß erläutert werden musste. In diesem Monat verpackte die Bank Verluste in Höhe von 1,3 Mrd. Dollar. Diese Zahlen sind zwar bekannt und können auch eingesehen werden. In der derzeitigen Situation sehne sich aber jeder so sehr nach positiven Nachrichten, dass dies in der Euphorie des Quartalsgewinnes von 1,8 Mrd. Dollar für Jänner bis März schnell vergessen werde, mutmaßt das „Wall Street Journal“.

Experten zeigen sich daher nicht überzeugt, dass das Schlimmste schon ausgestanden ist. Es könnten noch weitere „Leichen“ in den Kellern der Banken liegen. „Wir sind noch mitten im Sturm“, sagt Gerard Cassidy, Analyst bei RBC Capital Markets. Vor allem die Vergabe von Krediten laufe nach wie vor nicht an, weil sich die Banken gegenseitig nicht trauen würden, erklärt er.

In Österreich geben die Finanzinstitute ihre Bilanzen erst in den kommenden Wochen bekannt. Die Situation der heimischen Banken unterscheidet sich dabei diametral von den US-Geldhäusern. Denn hierzulande sorgt vor allem die Situation in Osteuropa für Spannung. So warnte der US-Starökonom Paul Krugman vergangene Woche sogar vor einem Staatsbankrott Österreichs, weil die Finanzinstitute bis zu 300 Mrd. Euro in Osteuropa verlieren könnten. Der IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn und mehrere heimische Politiker, unter anderem Finanzminister Josef Pröll (ÖVP), widersprachen dem Nobelpreisträger in dieser Einschätzung vehement.

Bad-Bawag?

Dramatisch dürfte die Lage bei der Bawag sein. Die frühere Gewerkschaftsbank hat die Bekanntgabe ihrer Zahlen um eine Woche auf den 29. April verschoben. Angeblich wird derzeit noch das Modell einer „internen Bad Bank“ diskutiert, um „vergiftete“ Vermögenswerte aus der Bilanz ausgliedern zu können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2009)

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