Treichl: „Ja, wir werden es schaffen“

(c) APA (Hans Klaus Techt)
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„Erste“-Chef Andreas Treichl sieht in Osteuropa keine existenzielle Gefahr für das österreichische Bankensystem, hält die Staatsbankrot-Pprognosen für weit überzogen und warnt vor einer Inflation nach der Krise.

Wien. Osteuropa habe noch enorme Probleme zu lösen – aber das österreichische Bankensystem oder gar die Republik Österreich seien dadurch absolut nicht gefährdet. Das sagte der Vorstandschef der in großem Stil in Osteuropa tätigen Erste Group, Andreas Treichl, im Gespräch mit der „Presse“. „Die makroökonomische Lage eines Landes kann man nicht mit jener der Retailbanken gleichsetzen“, sagte Treichl. Anders gesagt: „Wenn ein Land umfällt, heißt das noch nicht, dass auch die dort tätigen Banken umfallen.“

In Osteuropa verläuft die Entwicklung wie berichtet sehr unterschiedlich. Während die Slowakei und Tschechien wahrscheinlich gut über die Runden kommen werden, kämpfen vor allem die Ukraine, Rumänien und Ungarn immer noch mit größeren Problemen.

Wobei die umschuldungsgefährdete Ukraine das größte Kopfzerbrechen bereitet. Innerhalb der EU werde es dagegen nicht zu Staatspleiten kommen. Rumänien etwa habe jetzt durch IWF- und EU-Hilfen 40 Mrd. Euro zur Krisenbewältigung zur Verfügung. Und sei damit wieder relativ gut aufgestellt. Denn im Gegensatz zu Ungarn, das die IWF-Gelder zur Abdeckung von Staatsschulden benötigt habe, könne das weniger verschuldete Rumänien die Gelder für Investitionen einsetzen.

Treichl sagte, Modellrechnungen seines Instituts hätten ergeben, dass die „Erste“ selbst bei einem Ausfall von zehn Prozent der Osteuropa-Kredite (diese Größenordnung wird derzeit allgemein als realistisch angenommen) noch Gewinn schreiben würde. Und selbst den von internationalen Ratingagenturen an die Wand gemalten mehr als 30-prozentigen Kreditausfall in der Ukraine „halten wir aus“. Er gehe jedenfalls davon aus, dass die „Erste“ die Zinsen für das derzeit zur Zeichnung aufliegende Partizipationskapital in jedem Jahr bedienen werde. Und das würde bedeuten, dass jährlich zumindest ein Gewinn in dieser Größenordnung erwirtschaftet wird. Treichl: „Ja, wir werden es schaffen!“

Die „Welle“ von Staatsbankrottprognosen, die derzeit über Österreich hereinbricht, kann der „Erste“-Chef nicht ganz nachvollziehen: „Ja, wir haben in Osteuropa Probleme. Es gibt aber auch in Westeuropa, wo andere stark sind, unfassbare Probleme, die nur mit Hilfe des Staates bewältigt werden können.“

Der Fokus auf Osteuropa, wo die heimischen Banken wie berichtet mit 300 Mrd. Euro (freilich überwiegend lokal refinanzierter) aushaftender Kredite überdurchschnittlich engagiert sind, kommt Österreich teuer zu stehen, weil die nach Meinung Treichls überzogene Risikoeinschätzung die Staatsschuld unnötig verteuert. Österreich liegt in diesem Punkt jetzt weit über Deutschland ungefähr auf dem Niveau von Slowenien. Das hat, so der „Erste“-Chef, auch damit zu tun, dass sich das kleine Österreich zu wenig wehren kann. Treichl: „Wir haben nicht die Wirtschaftswissenschaftler, die Herrn Krugman kontern.“

Keine Krise bei Privatdarlehen

Dass private Darlehen in Osteuropa zum nächsten Problemfall werden, glaubt Treichl nicht. Durch steigende Arbeitslosigkeit und durch die währungsbedingte Verteuerung von Fremdwährungskrediten werde es zwar zu einem Anstieg der Ausfallsrate bei Privatkrediten in der Region kommen. Aber bisher sei die Ausfallsrate in Osteuropa nur halb so hoch wie in Österreich. Und die Kreditsummen seien wesentlich niedriger. Die durchschnittliche Haushaltsverschuldung liegt in Rumänien beispielsweise bei 922 Euro, in Österreich bei 14.500.

Eine Ansteigen der Kreditausfälle durch die Verschlechterung des Arbeitsmarktes sei aber auch in Österreich zu erwarten. Sein Institut befasse sich derzeit intensiv mit der Frage, wie jenen Kreditnehmern geholfen werden könne, die arbeitslos werden. Für diesen Fall würden entsprechende Produkte entwickelt.

Ebenso arbeite man an Produkten zur Abfederung der Inflation. Denn auch wenn es jetzt nicht danach aussieht: Dass die Flutung der Märkte mit Notenbankgeld nach dem Wiederanspringen der Konjunktur zu deutlichen Preissteigerungen führen werde, sei praktisch sicher. Treichl: „Wir hoffen nur, dass es keine Hyperinflation wird.“

Das Bankgeschäft sieht der „Erste“-Chef in einem tiefen Umbruch: „Das wird nie mehr, wie es vor der Krise war.“ Die Institute müssten sich beispielsweise auf deutliche Schrumpfungen der Provisionserträge einstellen, weil das Geschäft mit risikoreichen Produkten stark zurückgehe. Es werde zu „tiefen Einschnitten“ kommen, und zwar „nicht nur für das Management, sondern für alle in den Banken“.

Weitere krisenbedingte Bankenverstaatlichungen erwartet Treichl für Österreich nicht. Es werde aber Strukturbereinigungen geben, die sich „auf der Ebene von Zusammenschlüssen“ abspielen, was freilich „nicht gut für den Wettbewerb“ sei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2009)

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