Goldman Sachs unter EZB-Aufsicht?

A sign is displayed in the reception of Goldman Sachs in Sydney
A sign is displayed in the reception of Goldman Sachs in Sydney(c) REUTERS (David Gray)
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Abwanderungspläne. Die US-Bank überlegt, Geschäft nach Frankfurt zu verlegen.

Frankfurt/New York. Der Brexit könnte die US-Investmentbank Goldman Sachs Finanzkreisen zufolge in die Arme der Europäischen Zentralbank (EZB) treiben. Das sagten drei mit den Überlegungen vertraute Personen. Demnach erwäge die Bank, bei einem harten Brexit (ohne Sonderregelungen für den Zugang Londons zum EU-Binnenmarkt) so viel Geschäft von London nach Frankfurt zu verlagern, dass ihre Europa-Tochter künftig direkt von der EZB beaufsichtigt würde.

Darüber würden bereits Gespräche mit der Frankfurter Notenbank geführt, sagte einer der Insider. „Ich sehe das als Probelauf.“ Die EZB beaufsichtigt in der Regel Institute in der Eurozone mit einer Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Euro. Bisher kommt die deutsche Goldman Sachs AG auf gerade eine halbe Milliarde Euro. In Deutschland verbucht Goldman Sachs derzeit überwiegend Beratungshonorare aus dem M&A-Geschäft und Einnahmen aus der Vermögensverwaltung. Das großvolumige Handelsgeschäft in der deutschen Finanzmetropole wird dagegen über eine Niederlassung der Londoner Goldman Sachs International abgewickelt.

Zahlreiche Unsicherheiten

Innerhalb der EU können Kreditinstitute mit einer Lizenz in einem Land Finanzprodukte in allen anderen Ländern vertreiben. Ob das von London aus nach dem Brexit möglich sein wird, ist ungewiss. Mit der EZB als zentralem Aufseher müsste sich Goldman Sachs nicht mit einer Vielzahl von Behörden in den einzelnen EU-Staaten herumschlagen.

Eine Entscheidung ist bisher nicht gefallen. Goldman Sachs will – wie die meisten Konkurrenten auch – abwarten, wie der Brexit tatsächlich aussehen wird. Ein Sprecher von Goldman in London sagte, es gebe noch zahlreiche Unsicherheiten. Mit der Verlagerung der Bilanz würden voraussichtlich auch Arbeitsplätze nach Frankfurt wandern. Goldman Sachs hat Insidern zufolge bereits Pläne gestoppt, einen Teil ihrer leer stehenden Flächen im Messeturm aufzugeben.

Andere große US-Banken sind schon weiter als Goldman Sachs. Citigroup hat zuletzt ihre Tochter in Irland vergrößert, die in Kürze unter die Kuratel der EZB kommen dürfte. (APA/Reuters)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2016)

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