Paukenschlag: Semperit beendet Joint Venture in Thailand

APA/GEORG HOCHMUTH
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Der Gummikonzern Semperit zieht einen Schlussstrich unter die jahrelangen Rechtsstreitigkeiten mit seinem thailändischen Joint-Venture-Partner Sri Trang. Semperit kassiert einmalig 167 Millionen Dollar.

Die an der Wiener Börse gelistete Semperit Gruppe und die thailändische Sri Trang-Agro Industry Public Co Ltd Gruppe gehen künftig getrennte Wege: Man habe sich auf die Beendigung fast aller gemeinsamen Geschäftsaktivitäten geeinigt, hiess es am Mittwoch. Ein entsprechender Vertrag wurde bereits unterzeichnet.

Dieser sieht die Übernahme der gemeinsamen Vertriebsgesellschaft in den USA (Sempermed USA) durch Semperit vor. Des Weiteren übernimmt Semperit bisherige Sempermed-Joint Venture-Gesellschaften in Singapur, China und Brasilien sowie die Mehrheitsbeteiligung an der malaysischen Formtech (Produzent von Keramikformen für die Handschuhproduktion). Die Sempermed-Marken bleiben wie bisher im Alleineigentum von Semperit. Sri Trang übernimmt im Gegenzug die bisher zusammen betriebene Handschuhproduktion der Siam Sempermed Corporation Ltd (SSC) in Thailand.

Im Sektor Industrie übernimmt Semperit die Semperflex Shanghai mit einer Hydraulikschlauch-Produktionsstätte in China vollständig. Bei den Semperform-Geschäftsaktivitäten in China stockt Semperit ihren Anteil von 90 auf 100 Prozent auf. In Thailand wird das Joint Venture Semperflex Asia (SAC) fortgeführt. Semperit einerseits und Sri Trang zusammen mit weiteren Gesellschaftern andererseits halten hier unverändert jeweils 50 Prozent an der Produktion für Hydraulikschläuche in Hatyai/Thailand. Semperit erhält eine Option, die restlichen 50 Prozent an der SAC um 60 Millionen Dollar (57 Millionen Euro) von den Joint Venture-Partnern zu erwerben.

Einmalige Zahlung

Semperit erhält im Rahmen der Beendigung der Joint Ventures eine einmalige Ausgleichszahlung in Höhe von 167,5 Millionen Dollar (rund 157 Millionen Euro) vor Steuern. Unmittelbar vor dem Closing werden SSC eine Dividende entsprechend einem Ausschüttungsvolumen von rund 118,2 Millionen Dollar und SAC eine Dividende entsprechend einem Ausschüttungsvolumen von 30 Millionen Dollar beschließen. Semperit wird rund 51 Millionen Dollar (rund 48 Millionen Euro) der SSC-Dividende vor Steuern in bar erhalten. Der Rest des Anteils von Semperit an der SSC-Dividende wird als Teil der gesamten Transaktion verrechnet.

Semperit-CEO Thomas Fahnemann: "Die nunmehrige Einigung ist fair für beide Seiten. Wir können uns nach Beilegung der Rechtsstreitigkeiten voll auf die Entwicklung unseres eigenen Geschäfts fokussieren. Wir werden unseren Wachstumskurs in den beiden Sektoren Industrie und Medizin mit ganzer Kraft fortsetzen. Mit dem Mittelzufluss können wir unsere Kapitalbasis weiter verstärken und unsere Investitionen vorantreiben."

Semperit-Aufsichtsratsvorsitzender Veit Sorger: "Semperit hätte das Joint Venture Siam Sempermed gerne fortgeführt. Aufgrund der Erfahrungen mit dem Joint Venture in den letzten Jahren ist die nun erzielte Einigung aber der richtige Schritt für Semperit. Die nunmehr in vermindertem Umfang bestehende Zusammenarbeit im Segment Semperflex wollen wir erfolgreich fortführen."

Die Neuregelung steht unter Vorbehalt der Zustimmung des Aufsichtsrates bei Semperit, eines entsprechenden Hauptversammlungsbeschlusses bei Sri Trang sowie Closing-Bedingungen. Das Closing der Transaktion wird für März 2017 erwartet.

Bei einem erfolgreichen Closing werden alle zwischen der Semperit Gruppe einerseits und der Sri Trang Gruppe bzw. SSC andererseits anhängigen Schiedsgerichtsverfahren und zivilrechtlichen Verfahren einvernehmlich beigelegt. Für den Fall des Scheiterns des Closings wurden übliche Break-Up-Fees vereinbart.

Dividendenpolitik auf dem Prüfstand

Ein erfolgreicher Abschluss der Transaktion  würde bei Semperit im Geschäftsjahr 2017 aus heutiger Sicht zu positiven Sondereffekten auf das Konzernergebnis in Höhe von rund 100 bis 115 Millionen Euro  führen. Dem stehen negative Sondereffekte im Konzernergebnis 2016 in Höhe von rund 30 bis 40 Millionen Euro hauptsächlich aufgrund nicht-cashwirksamer Wertberichtigungen sowie latenter Steuern entgegen. Diese Anpassungen werden im Zusammenhang mit der vorgesehenen Auflösung des Joint Ventures kombiniert mit der schwächer als erwarteten Entwicklung im Segment Sempermed notwendig. Aufgrund dieser erwarteten Sondereffekte wird die bestehende Dividendenpolitik der Semperit für die Jahre 2016 und 2017 überprüft.

In der Bilanz von 2017 werde sich der Wegfall umsatzmäßig "nicht dramatisch" bemerkbar machen, sagte Fahnemann. "Die Lieferungen laufen ja noch." Zudem soll die Produktion im Werk in Malaysia stark erhöht werden. Für 2018 allerdings geht Fahnemann aus derzeitiger Sicht von einem Umsatzrückgang von 10 bis 15 Prozent aus.

Die Semperit AG Holding steht im Mehrheitsbesitz der (auch am Aluminiumkonzern Amag und am Faserkonzern Lenzing mehrheitlich beteiligten) B&C-Gruppe. Die Zentrale des österreichischen Traditionsunternehmens, das seit 1824 besteht, befindet sich in Wien. Die Gruppe beschäftigt weltweit über 7.000 Mitarbeiter, davon rund 4.000 in Asien und mehr als 800 in Österreich (Wien und Produktionsstandort Wimpassing, Niederösterreich). Zur Gruppe gehören weltweit 22 Produktionsstandorte sowie zahlreiche Vertriebsniederlassungen in Europa, Asien, Australien und Amerika. Im Geschäftsjahr 2015 erzielte der Konzern einen Umsatz von 915 Millionen Euro und verdiente dabei 46 Millionen Euro. Für 2016 waren Analysten bisher von rund 32 Millionen Euro Jahresgewinn sowie einer Dividendenkürzung von 1,20 Euro auf 83 Cent je Aktie ausgegangen.

"Kinderarbeit gibt es nicht"

Unabhängig von den Gerichtsstreitigkeiten mit Sri Trang geriet das Werk in Thailand 2014 auch ins Visier der finnischen NGO Finnwatch, die die Arbeitsbedingungen massiv kritisierte. Die Vorwürfe wogen schwer: Die Arbeiter müssten bis zu 13 Stunden ohne Pause arbeiten und so lange Überstunden leisten, bis vorgegebene Produktionsziele erreicht sind. Während der Arbeit erkrankte Mitarbeiter hätten das Fabriksgelände nicht verlassen dürfen, Arbeiter aus Myanmar seien diskriminiert und Unter-18-Jährige mit gefälschten Pässen beschäftigt worden. Fahnemann wies die Vorwürfe mehrfach zurück, sie hätten "teilweise nicht den Tatsachen entsprochen". Vor allem gegen den Vorwurf, Minderjährige zu beschäftigen, verwehrt sich Fahnemann. "Kinderarbeit gab es nicht, gibt es nicht und wird es nicht geben", sagte Fahnemann in einem früheren Interview zur APA.

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