Trump vertreibt Anleger aus Moskau

Wladimir Putin und Donald Trump
Wladimir Putin und Donald Trump APA/AFP/ANDREJ ISAKOVIC
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Nach dem US-Angriff in Syrien glaubt endgültig niemand mehr an eine Harmonie zwischen Trump und Putin.

Wien. Während die meisten Börsen gestern mit überschaubaren Abschlägen auf den US-Raketenangriff in Syrien reagiert haben, machte sich in Moskau nachgerade Panik breit. Dies fällt umso mehr auf, als der Terroranschlag in St. Petersburg zu Wochenbeginn die Anleger völlig kalt gelassen hatte. Gestern sackte der Leitindex RTS im Tagesverlauf um über drei Prozent ab, Marktgrößen wie die Sberbank gar um über fünf Prozent.

Abgesehen vom neuen Reigen der Unsicherheit in Syrien signalisierten die Anleger damit nun wohl mehr denn je, dass aus der lange herbeigeschriebenen Harmonie zwischen US-Präsident Donald Trump und Russland doch nicht so schnell etwas wird.

Schon in den vergangenen zwei Monaten hatte sich Enttäuschung nach der anfänglichen Euphorie über seine Wahl in Moskau breitgemacht. „Der Durchbruch zu einem neuen Verhältnis mit Russland hat nicht stattgefunden“, so Vjatscheslav Smoljaninov, Vize-Chefanalyst des Brokerhauses BCS Prime, zur „Presse“: „Damit wurde auch klar, dass es keine schnelle Aufhebung der Sanktionen geben würde.“

Atypisches erstes Quartal

Ab Ende Jänner quittierten die Investoren das mit einem Rückzug aus Moskau. Der in Dollar denominierte RTS beendete demnach das erste Quartal mit knapp drei Prozent minus. Der zweite, in Rubel berechnete Index Micex schloss um zehn Prozent tiefer. Damit weicht Russland von der Entwicklung in anderen Schwellenländern ab. Der MSCI Emerging Markets, der Aktien der Schwellenländer spiegelt, verzeichnet für das erste Quartal ein Plus von elf Prozent.

Gewiss, nicht alles auf dem russischen Aktienmarkt lässt sich mit der Neubewertung Trumps erklären. Zu einem beträchtlichen Teil litt das erste Quartal auch darunter, dass die Monate davor ein wahres Kursfeuerwerk beschert hatten. Zusätzlich zu Trumps Wahl war im Schlussquartal 2016 die Einigung zwischen der Opec und mehreren Nicht-Opec-Staaten auf Förderkürzungen gefeiert worden. Dazu kam das Ende der zweijährigen Rezession und die erfolgreiche Teilprivatisierung des russlandweit größten Ölkonzerns Rosneft. Der RTS stieg im vierten Quartal um über 16 Prozent, was für das Gesamtjahr mehr als 50 Prozent Plus bedeutete.

Für die nächste Zeit deutet nichts auf eine wesentliche Erholung hin. Selbst das für 2017 prognostizierte BIP-Wachstum von 1,5 bis zwei Prozent werde vorerst eher einer Stagnation gleichkommen, weil der hohe Leitzins (9,75 Prozent) die Investitionsaktivität und der starke Rubel die Konkurrenzfähigkeit einheimischer Produzenten verringere, schreibt Sberbank CIB: Der Aufschwung sei für das zweite Halbjahr zu erwarten. Dies obwohl Russland unter den BRICS-Staaten mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 8,8 der am niedrigsten bewertete Markt bleibe, so Andrej Martschenko, Direktor der Investitionsgruppe UCP: China etwa liege bei 12,2, Indien bei 21,2. (est)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2017)

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