Warum Zucker billiger werden sollte

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Symbolbild. (c) imago/STPP
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Nach 40 Jahren fallen die EU-Zuckerquoten. Der erwartete Preisrutsch könnte aber ausbleiben, weil Brüssel Schutzzölle aufrechterhält. Zuckerriese Agrana baut auf Expansion in Asien.

Wien. Hohe Zuckerpreise haben der heimischen Agrana im abgelaufenen Geschäftsjahr (2016/17) einen kräftigen Gewinnzuwachs beschert. Das Konzernergebnis kletterte um 45,7 Prozent auf 117,9 Mio. Euro, der Umsatz stieg um 3,4 Prozent auf 2,56 Mrd. Euro, die Dividende bleibt bei vier Euro je Aktie. Doch der Preis für den süßen Rohstoff könnte schon bald gehörig unter Druck kommen.

Nach über 40 Jahren endet im Oktober die Zuckerrübenplanwirtschaft der EU. Bisher regelte Brüssel über bestimmte Quoten, wie viele Tonnen Zuckerrüben die Bauern in jedem EU-Land anbauen dürfen, wie viel sie exportieren dürfen und wie hoch der Mindestpreis für die Rübe zu sein hat. Damit ist nun Schluss. Nach den Milchbauern werden auch die europäischen Rübenbauern (davon 6500 in Österreich) sanft in die Marktwirtschaft gedrängt.

Ein bisschen Markt genügt

Seit das Ende der Quotenregelung fixiert wurde, weiten die Unternehmen der Branche ihre Produktion deutlich aus, um auf dem plötzlich freien Markt ihre Claims abstecken zu können. Bereits heuer stieg die Zuckerrübenanbaufläche in der EU um 16 Prozent – in Großbritannien gar um 30 Prozent. Neben den Briten hoffen vor allem die Niederländer, Franzosen, Deutschen und Polen auf zusätzliche Geschäfte, wenn die Quoten gefallen sind.

Nach zwei Jahren steigender Preise sollten die Chancen auf eine Preisdämpfung für die Konsumenten also nicht schlecht stehen. Eigentlich. Tatsächlich ist die Sache aber etwas komplizierter. Denn anders als die Branche befürchtet hat, hält die EU nämlich weiterhin an den hohen Schutzzöllen auf bestimmte Zuckerimporte fest. So werden weiterhin 339 Euro je importierter Tonne Zuckerrohr aus den großen Anbaugebieten wie Brasilien oder Indien fällig. Lediglich Einfuhren aus besonders armen Anbauländern sind davon ausgenommen.

„Die Zölle bleiben bestehen“, bestätigt Fritz Gattermayer, im Agrana-Vorstand verantwortlich für Einkauf, Verkauf und Rohstoffe. Damit sei aus seiner Sicht vollkommen offen, wie sich das Ende der Quoten auf die Preise auswirken werde. Solange die Konkurrenz aus dem Ausland weiter ferngehalten wird, schreckt ihn auch die bereits geplante Überproduktion der europäischen Hersteller nicht. Im Gegenteil: Die zusätzlichen Mengen sollen großteils ins Ausland gehen und Europas Zuckerindustrie dort neue Märkte öffnen. Für die Agrana sieht Vorstandschef Johann Marihart vor allem in Osteuropa gute Chancen. Hier gebe es deutlich mehr Nachfrage als Angebot, „hier wollen wir Marktanteile holen“.

Auf nach Indien und China

Als Unternehmen lebt die Agrana nicht vom Zucker allein. Auch die beiden Standbeine Stärke und Frucht haben sich im Vorjahr gut entwickelt. Erst vor wenigen Tagen gab das Unternehmen bekannt, ein Fruchtverarbeitungswerk (etwa für Fruchtjoghurts) „im Milchland Indien“ aufgekauft zu haben. In China will das Unternehmen mit einem zweiten Werk nachlegen. Das Reich der Mitte gilt als größter Joghurtmarkt der Welt. Und das, obwohl die Chinesen derzeit im Schnitt nur 2,8 Kilogramm Joghurt im Jahr essen. Zum Vergleich: Ein Europäer schafft durchschnittlich zwölf Kilogramm.

Da das erste Fruchtzubereitungswerk bei Peking ausgelastet ist, soll nun bei Shanghai ein zweites entstehen. Die Investitionen belaufen sich auf 22 Mio. Euro, die Inbetriebnahme ist für Herbst 2018 geplant. In Summe würden heuer 140 Mio. investiert, sagt Marihart. Er selbst will bis 2021 bei der Agrana an Bord bleiben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2017)

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