Die Österreicher verlieren das Gefühl für Geld

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Nicht nur der österreichische Staat kommt mit seinem Geld nicht aus. Auch die Bürger kennen sich zu wenig mit ihren Finanzen aus. WU-Expertin Bettina Fuhrmann fordert deshalb, dass in der Schule mehr Finanzkompetenz gelehrt wird.

Wien. Beim Umgang mit Geld gibt es hierzulande immer noch Nachholbedarf: Auch wenn die Österreicher im internationalen Vergleich beim Finanzwissen nicht so schlecht abschneiden, könne man sie deshalb nicht automatisch als finanzkompetent bezeichnen, so Bettina Fuhrmann von der WU Wien. Um überhaupt ein Gefühl für Geld zu bekommen, sei Bargeld immer noch wichtig. "Der Kontostand ist schon sehr abstrakt."

"Es macht einen enormen Unterschied, ob man bar oder mit Karte zahlt", betont die Professorin für Wirtschaftspädagogik an der Wirtschaftsuniversität Wien im Gespräch mit der APA. "Wenn Leute bar zahlen, schauen sie genauer, wie viel etwas kostet." Zückt man hingegen die Karte oder zahlt gleich kontaktlos, gebe man mehr aus und habe weniger Überblick. "Es tut einfach weniger weh."

Ratenzahlungen entziehen sich laut Fuhrmann noch leichter der Kontrolle. "Je weiter der Zeitpunkt des Konsums und der Zahlung auseinanderfallen, desto schwieriger wird es." Auch Rabatte werden gern als Marketinginstrument genutzt, um das Geschäft anzukurbeln. Kostet etwas, zumindest auf den ersten Blick, weniger, greifen die Menschen gleich öfter zu.

"Schuldenmachen wird in manchen Bereichen schon leicht gemacht", so die Expertin. Typische Stolpersteine seien Onlineversandhäuser, Handy- und Internetverträge sowie Ratenkäufe. "Das geht wahnsinnig schnell." Genau genommen sei auch ein kostenloses Handy, für das man sich 24 Monate an einen Mobilfunkanbieter bindet, eine Form des Kredits.

Auch bei Franken-Krediten war Unwissenheit im Spiel

Beim Sparen und Anlegen verhalten sich die Österreicher immer noch sehr risikoscheu und konservativ. Aber: "Wenn jemand nicht weiß, was eine Aktie ist, würde ich auch nicht raten, eine zu kaufen." Ein gutes Beispiel dafür, wie leicht man bei Unwissen auf die Nase fallen kann, seien die Fremdwährungskredite - die sind vielen nach der Aufwertung des Schweizer Franken zum Verhängnis geworden. Die Betroffenen seien zwar zum Teil schlecht beraten worden, "hatten aber auch kein Gefühl dafür".

Das Bargeld würde sie nicht abschaffen wollen. Es sei unter anderem wichtig, um überhaupt ein Gefühl für Geld zu bekommen und helfe, den Wert von Geld zu verstehen. "Der Kontostand ist schon sehr abstrakt." Zudem werden Menschen durch digitales Geld nur noch gläserner.

Fuhrmann wünscht sich bei diesem Thema mehr Bildung an Schulen, denn finanzielle Fehlentscheidungen können das ganze Leben beeinflussen. "Hier beginnt Chancengleichheit", meint sie. Wert und Nutzen von Geld, Ausgabenplanung, Vorsorge für Risiken und Anlegen - das seien zwar Themen, die nicht sexy klingen, aber Jugendliche sehr beschäftigten. Finanzbildungsmaßnahmen sollten im besten Fall in eine umfassende Wirtschaftsbildung eingebettet sein, die bereits im Kindes- und Jugendalter beginnt.

(APA)

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