„EZB-Politik benachteiligt Europas Geldhäuser“

Deutsche-Bank-Chef John Cryan.
Deutsche-Bank-Chef John Cryan.(c) Bloomberg
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Deutsche-Bank-Chef Cryan ist mit Finanzminister Schäuble einig: Die EZB muss ihren Kurs ändern.

Frankfurt. Die deutsche Finanzwirtschaft und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble haben am Tag vor der EZB-Sitzung einen raschen Kurswechsel gefordert. Schäuble sagte, die außergewöhnliche Geldpolitik der EZB habe zur Überwindung der Krise beigetragen, sei aber nun nicht mehr angemessen. „Und deswegen wünscht sich jeder weltweit, dass wir möglichst bald zur Normalisierung kommen.“

Deutsche-Bank-Chef John Cryan kritisierte, die Politik der EZB führe zu immer stärkeren Verwerfungen auf den Märkten, zu gefährlichen Spekulationsblasen und benachteilige zudem die europäischen Geldhäuser im internationalen Wettbewerb. Dies gelte vor allem zwischen Instituten in Deutschland und US-Banken.

Da die US-Notenbank Fed den Nullzinsen bereits abgeschworen habe, hätten es Banken dort besser als ihre europäischen Konkurrenten. „Allein im ersten Halbjahr ist der Zinsüberschuss amerikanischer Banken um acht Prozent gestiegen – in Europa ist er dagegen um zwei Prozent gefallen“, so Cryan. „Verglichen mit der Zeit vor der Finanzkrise beträgt das Minus ganze 23 Prozent.“

Eine Umfrage der Bundesbank hat unlängst ergeben, dass die Minizinsen in der Eurozone kleineren Geldhäusern langsam das Wasser abgraben. Die rund 1500 untersuchten Sparkassen und Volksbanken gehen davon aus, dass ihr Vorsteuergewinn gemessen an ihrer Bilanzsumme in fünf Jahren um 16 Prozent schrumpfen wird.

„Allen ist klar, dass die EZB langsam überzieht“, kritisiert auch Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon. Er meint, die EZB dürfe die Entscheidung, ihre extrem expansive Geldpolitik wieder zurückzudrehen, „nicht immer wieder auf Wiedervorlage setzen“, sondern müsse jetzt endlich eine Entscheidung treffen. Er wünsche sich, dass die Notenbank „in kleinen Schritten anfängt“, die Zinsen zu normalisieren.

Die EZB hält die Leitzinsen seit Längerem auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent und pumpt seit rund zweieinhalb Jahren pro Monat 60 bis 80 Mrd. Euro in die Märkte, um die Konjunktur anzufeuern. Institute müssen zudem Strafzinsen zahlen, wenn sie bei der Notenbank über Nacht Geld parken – statt es als Kredit weiterzugeben. Jetzt läuft die Konjunktur in der Eurozone wieder deutlich besser. Weshalb eine Abkehr von der Geldflut gefordert wird – die EZB ziert sich aber. Einen ersten vorsichtigen Schritt dahin hat sie im Juni gewagt, als sie die Option auf noch tiefere Schlüsselzinsen aus ihrem geldpolitischen Ausblick gestrichen hat. Nun erwarten Volkswirte weitere Trippelschritte in diese Richtung, zumal das auf 2,3 Billionen Euro angelegte Anleihenkaufprogramm ohnehin nur noch bis Ende Dezember laufen soll.
EZB-Präsident Mario Draghi muss daher den Finanzmärkten bald ein Signal geben, wie es danach weitergehen soll. Viel deutet darauf hin, dass er das heute, Donnerstag, wieder nicht tut. (Reuters)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2017)

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