Kommt der Bitcoin der Notenbanken?

Die Zentralbanken können den Bitcoin-Aufstieg nicht länger ignorieren.
Die Zentralbanken können den Bitcoin-Aufstieg nicht länger ignorieren. (c) REUTERS
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Die Kryptowährung wird Euro und Co. so rasch nicht ablösen. Aber die Zentralbanken arbeiten selbst an anonymen Digitalwährungen. In Schweden kommt das „digitale Bargeld“ 2019.

Wien. Alle Welt redet über Bitcoin. Wer heute ein Stück der digitalen Kryptowährung kaufen will, muss dafür um ein Vielfaches mehr Geld ausgeben als zu Jahresbeginn. Aber dennoch: Mit Kursschwankungen von 20 bis 30 Prozent am Tag ist Bitcoin weit entfernt davon, eine echte Alternative zu Dollar und Euro zu werden.

Dennoch könnten die Zentralbanken der Welt den Aufstieg von Bitcoin und seinen rund 900 elektronischen Klonen nicht länger ignorieren, warnt die Bank für Internationalen Zahlungsvergleich (BIZ) in einer aktuellen Studie. Tatsächlich beschäftigen sich die Währungshüter bereits seit geraumer Zeit damit, selbst eine digitale Währung auf den Markt zu bringen. Die BIZ, die Zentralbank aller Zentralbanken, hat sich angesehen, was das für Menschen, Geldsystem und die Kryptowährungen von heute bedeuten würde.

Ersatz für Bargeld gesucht

Woher der Druck auf die Zentralbanken kommt, ist klar: In vielen Ländern (Österreich ist hier eine Ausnahme) steigt der politische und technologische Druck auf Bargeld. Elektronische Zahlungen verdrängen Cash-Transfers weitgehend. Die Notenbanken verlieren damit aber ihren bisher einzigen direkten Kontaktpunkt zu den Bürgen: das Bargeld. Schon in der Sekunde, in der das Geld auf ein Bankkonto überwiesen wird, haben die Menschen nur noch Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber privaten Unternehmen.

Da die Währungshüter Bargeld aber zumindest für seine stabilisierende Funktion als Krisenwährung sehr schätzen, trachten sie danach, selbst einen digitalen Ersatz für Bargeld auf den Markt zu bringen. Hier bietet sich weniger Bitcoin selbst an, der es als einstige Lieblingswährung der Unterwelt noch immer nicht aus der Schmuddelecke geschafft hat. Dafür könnte die dahinterliegende Technologie, die Blockchain, zur Basis der neuen digitalen Zentralbank-Währungen avancieren.

Bisher gibt es erst vereinzelte Ansätze von Notenbanken, elektronisches Geld direkt an die Bürger auszugeben. Die Zentralbank in Ecuador ist seit einer Währungskrise im Jahr 2000 komplett auf den Dollar umgestiegen, gibt ihren Bürgern aber die Möglichkeit, Dollar auf ein Konto bei der Zentralbank einzuzahlen und dafür „dinero électronico“ zu erhalten. Mit der Idee von Bitcoin hat das noch relativ wenig zu tun.

Entwertung per Knopfdruck?

Etwas näher kommt die Idee der FedCoins, die in den USA bereits seit einigen Jahren kursiert. Anders als bei Bitcoin könnte weiterhin nur die US-Notenbank FedCoins erzeugen, die eins zu eins gegen Dollar eingetauscht werden könnten. Diese wären jedoch im Gebrauch anonym wie Bargeld. „Es mag seltsam erscheinen, dass eine Zentralbank eine Kryptowährung herausgibt, die Anonymität bereitstellt. Aber das ist genau das, was sie mit Bargeld schon tut“, schreiben die Autoren.

Besonders weit auf dem Weg zur digitalen Währung ist die schwedische Riksbank. Im skandinavischen Land spielt Bargeld heute kaum noch eine Rolle. Viele Geschäfte akzeptieren keine Münzen und Scheine mehr, manche Banken geben kein Bargeld mehr aus. Dafür verwendet jeder zweite Schwede eine Smartphone-App, die sekundenschnelle Überweisungen zu jeder Tages- und Nachtzeit ermöglicht. Aus Sorge um die Stabilität des Geldsystems will die Rijksbank nun bis 2019 selbst „elektronisches Bargeld“ einführen. Ob sich die sogenannte E-Krona der Bitcoin-Technologie bedienen wird, ist zwar noch nicht final entschieden, aber gut möglich.

Für die bisherigen Kryptowährungen wäre die Einführung eines „offiziellen“ Digitalgelds freilich ein herber Schlag. Noch bevor sich Bitcoin und Co. als ernsthafte Alternative etablieren konnten, wären sie wieder zu reinen Spekulationsobjekten degradiert.

Doch ganz so friktionsfrei wird auch die Einführung von digitalem Zentralbankgeld nicht verlaufen. Ein echter Ersatz für Bargeld könnte diese elektronische Währung nie sein, sagen Kritiker. Sie warnen vor der möglichen Entwertung per Knopfdruck. Anders als Bargeld böte das digitale Zentralbankgeld damit keinerlei Schutz vor Negativzinsen – und Bitcoin hätte wohl rasch wieder so gute oder schlechte Chancen wie heute.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2017)

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