GLS: Die Bank für das gute Gewissen

(c) Erwin Wodicka
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Der Sitz der GLS-Bank ist in Deutschland. Nun will das Institut expandieren und 2010 eine Niederlassung in Wien errichten. Ihr bisheriges Wachstum verdankt sie ihrem Konzept: der sogenannten Nachhaltigkeit.

Wien. Wenn Thomas Jorberg nach Wien reist, ist dies an und für sich noch nichts Besonderes. Wenn die Bank, in der Jorberg arbeitet, eine Filiale in Österreich eröffnet, schon eher. Das Unternehmen, in dem Jorberg den Posten des Vorstandsvorsitzenden bekleidet, nennt sich GLS-Bank, „Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken“. Der Sitz der Bank ist in Deutschland. Nun will das Institut expandieren und 2010 eine Niederlassung in Wien errichten.

Das Besondere an der GLS: Sie versichert ihren Kunden, dass nur Kredite an jene Unternehmen vergeben werden, die ausschließlich ethisch, sozial und ökologisch agieren. In Deutschland ist die GLS nicht die einzige Bank, die in diesem Segment wildert. Denn Banken wie sie sprießen in der Bundesrepublik derzeit regelrecht aus dem Boden. Ein Nischendasein fristen die Institute dennoch.

Die neue Sicherheit

Die ökologische Kreditvergabe ist seit jeher das Konzept der GLS. Über eines der ersten Darlehen, die die 1974 gegründete Bank vergab, durfte sich weiland ein Biobauernhof freuen. „Wir sind mit dem Markt mitgewachsen“, sagt Jorberg.

16,6 Prozent der Kredite gingen im Jahr 2008 beispielsweise an Schulen und Kindergärten. 12,6 Prozent wurden an Behinderteneinrichtungen vergeben, knapp fünf Prozent der Kredite im Bereich der ökologischen Landwirtschaft verliehen. Wer Kredite in welchem Umfang erhalten hat, ist dann in einer Kundenzeitung nachzulesen, die das Institut viermal jährlich veröffentlicht.

Das Geld, das die Bank auf dem Kapitalmarkt, etwa in Form von Aktien anlegt, wird ebenso nur in Unternehmen investiert, die den 15 Ausschlusskriterien der Bank nicht in die Quere kommen, wie die GLS sagt. Dazu zählen etwa Firmen, die in den Bereichen Atomenergie, der Rüstungs- oder Tabakindustrie tätig sind.

Mehr als ein Jahr nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers würden viele „nach einer anderen Qualität von Sicherheit suchen“, erklärt Jorberg. Und daher nach unkomplizierten und transparenten Produkten fragen. Wenngleich „der Zinssatz nicht die Motivation“ der Anleger ist, zur GLS zu wechseln. Bei einem Tagesgeldkonto liegt die Verzinsung (Mindesteinlage: 10.000 Euro) bei 1,10 Prozent.

Das Konzept der Bank stößt offenbar dennoch auf Widerhall, wie die Geschäftszahlen zeigen. Heuer wird die Bilanzsumme der Bank um mehr als 30 Prozent auf etwa 1,36 Mrd. Euro anwachsen. Die Zahl der Kunden wird ebenso um 11.000 auf rund 73.000 Personen zulegen.

Doch wer sind die Kunden der GLS? „Die Kundenstruktur ist durchschnittlich“, erklärt Jorberg. Vorrangig würden sich Menschen aus höheren Bildungsschichten der GLS zuwenden. Und jene, die sich über „gesellschaftliche Entwicklungen mitunter mehr Gedanken als andere machen“. Aber es sind auch jene, „die bereit sind, ihr eigenes Verhalten zu überprüfen“. Doch auch die Bank ist, ob ihrer Transparenz, nicht vor Kritik gefeit. Einmal hätten zwei Kunden ihr Geld abgezogen, weil sie nicht damit einverstanden waren, dass die Bank eine Moschee finanziert, erzählt Jorberg. „Dabei ist es um ein Integrationsprojekt gegangen. Das ist in Ordnung. So etwas gehört dazu.“

Dass es in Österreich keine vergleichbare Bank gibt, erklärt Klaus Gabriel vom Institut für Sozialethik der Universität Wien so: „Die Nachfrage war in diesem Bereich bisher entweder noch nicht stark genug, oder die Banken haben hierzulande kein geeignetes Umfeld vorgefunden.“

Die GLS sieht dies offenbar anders. Einen ersten Fuß hat das Institut bereits nach Österreich gesetzt. Es hat sich an der nachhaltigen Vorsorgekasse, Fair Finance, mit rund 30 Prozent beteiligt, wie Fair-Finance-Vorstand Markus Zeilinger erzählt. Im kommenden Jahr, so der Plan, soll die Vorsorgekasse ihre Arbeit aufnehmen. Derzeit wartet Fair Finance allerdings noch auf eine entsprechende Konzession der Finanzmarktaufsicht.

AUF EINEN BLICK

Die Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken (GLS-Bank) wurde im Jahr 1974 in Deutschland gegründet. Das Institut ist Mitglied im Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Die GLS vergibt ausschließlich Kredite an nachhaltige Unternehmen und will im kommenden Jahr eine Filiale in Wien eröffnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2009)

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