Erdöl befindet sich im Höhenrausch

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Der Preis für Öl ist fundamental nicht gerechtfertigt. Die erwartete Opec-Entscheidung Ende November ist eingepreist.

So gute Laune wie derzeit hat bei den Ölproduzenten schon lang nicht mehr geherrscht. Seit Wochen kennen die Notierungen nur die Richtung nach oben. Binnen dreier Monate hat der Preis für das Schwarze Gold um mehr als ein Fünftel zugelegt. Die für Europa maßgebliche Sorte Brent notiert bei knapp 64 Dollar je Fass und damit so hoch wie zuletzt im Sommer 2015. Das kann die Verbraucher nicht freuen. Und doch ist daran zu erinnern, dass vor dem Preissturz im Sommer 2014 noch 115 Dollar oder mehr zu zahlen waren.

Der Preisanstieg gerade in den beiden vergangenen Wochen hat vor allem kurzfristige politische Gründe. Am stärksten wirken sich die Verhaftungswelle in Saudiarabien und die Spannungen des Landes mit dem Iran aus. Entsprechend tönern sind die Beine, auf denen der Preis derzeit steht, meinen die Rohstoffanalysten der Commerzbank, die die Notierungen fundamental für überbewertet halten. Denn die Internationale Energieagentur sieht im laufenden Quartal bestenfalls einen geringen Lagerabbau und im ersten Quartal 2018 sogar einen Lageraufbau. Das könnte 2018 noch zu Enttäuschungen führen - und zwar selbst dann, wenn die Opec und ihr knappes Dutzend an verbündeten Nicht-Opec-Förderländern die 2016 erzielte und bis März 2018 geltende Einigung auf preisstützende Produktionskürzungen verlängern.

Das dürfte schon bei der nächsten Sitzung am 30. November entschieden werden. Der Markt geht nach diversen Signalen ziemlich fix von einer Verlängerung bis Ende 2018 aus. Diese mittelfristige Erwartung ist derzeit freilich bereits in den Notierungen eingepreist. Was die Produzenten über die kurz- und mittelfristigen Preistreiber hinaus noch freut, ist die aktuelle und in der Vorwoche präsentierte Opec-Studie „World Oil Outlook“, in der konstatiert wird, dass die fossilen Brennstoffe den Energiemix noch im Jahr 2040 dominieren werden, weil sich bis dahin die Anzahl der zugelassenen Autos auf zwei Mrd. Stück fast verdoppeln werde und diese nur zu einem geringen Prozentsatz nicht mit Öl und Gas betrieben werden.

In der Studie wird freilich auch noch was anderes einbekannt. Und zwar, dass sich die US-Schieferölproduktion „überraschend widerstandsfähig“ gezeigt hat und ihren preisvernichtenden Output schneller erhöht als bisher angenommen. Bis zu ihrem vermuteten Förderhöhepunkt 2025 werden die USA und nicht die Opec den Ton auf dem Markt angeben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2017)

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