Start zu neuen MiFID-Regeln: Drohen Computer-Abstürze und Fettfinger-Fehler?

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Mit Jänner tritt die größte europäische Regeländerung für die Investmentbranche seit einem Jahrzehnt in Kraft. Die Branche ist gespannt und manche Experten befürchten ein Durcheinander.

Abstürzende Computer, von den Märkten ausgeschlossene Investoren und ein erhöhtes Risiko von Fettfinger-Fehlern. Das ist das Worst-Case-Szenario für den Jahresbeginn 2018, wenn die größte europäische Regeländerung für die Investmentbranche in einem Jahrzehnt in Kraft tritt. Banken und Vermögensverwalter haben sich zwar jahrelang auf die Überarbeitung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente vorbereitet. Mit dieser versuchen die Aufsichtsbehörden, eine weitere Finanzkrise zu verhindern, indem sie die Transparenz erhöhen. Doch einige Marktteilnehmer sind wohl noch immer nicht bereit.

Viele hinken hinterher

"Viele dieser Systeme gehen am 3. Januar live - im wahrsten Sinne des Wortes", sagt Marc Maynard, ein Partner bei Excelian Luxoft Financial Services, der dabei hilft, MiFID-II- Technologieprojekte für Banken auf den Weg zu bringen. Es habe zuletzt so viel Neues über MiFID II gegeben, dass viele nun hinterherhinken würden.

Die Aufsichtsbehörde hat Leitlinien zu allen möglichen Themen veröffentlicht, von Leverage bis hin zu Optionen, während das Fristende naht. Am Mittwoch der vergangenen Woche räumte sie eine sechsmonatige Gnadenfrist für einige der Handelsregeln ein. Neben dem Versuch, die neuen Vorschriften der Europäischen Union umzusetzen, machen sich Finanzfirmen Sorgen über den Umfang an Technologie, die an den Start geht.

Es gibt keine offizielle Zeitvorgabe, um den Wechsel zu den neuen Regeln zu vollziehen. Stattdessen werden Handelsplätze und Wertpapierfirmen, die unter die Richtlinie fallen, zu Beginn des Arbeitstages den Schalter umlegen, sagte ein Sprecher der European Securities and Markets Authority ESMA. Während Leute wie Benjamin Quinlan, der die Beratungsfirma Quinlan & Associates leitet, ein "Durcheinander" für ein schlecht vorbereitetes Finanzsystem vorhersagen, sind andere wie Andreas Utermann, CEO von Allianz Global Investors etwas entspannter.

"Ich glaube nicht, dass wir Störungen sehen werden", sagte Utermann, dessen Unternehmen rund 580 Milliarden Dollar verwaltet, unlängst gegenüber Bloomberg Television. "Die meisten Vermögensverwalter werden bereit sein, die meisten Broker werden bereit sein - und das erste Quartal wird wirklich von allen Beteiligten genutzt werden, um zu versuchen, die richtigen Preispunkte zu finden, um die Systeme zum Laufen zu bringen und zu testen."

Fragezeichen Systeme

Die größte Herausforderung wird darin bestehen, die schiere Menge an Veränderungen am ersten Tag zu bewältigen, da frühere Reformen nach der Finanzkrise gestaffelt waren, sagt Chris Dickens, Chief Operating Officer für die EMEA-Region bei der Markets-Sparte von HSBC. 

Nicht sicher zu wissen, ob die Systeme funktionieren werden, sei ein großes Problem für die Banken und könnte zu Technologieabstürzen führen, erklärt ein Banker, der direkt an den Planungen für die Regeln beteiligt war, aber nicht namentlich genannt werden will.

"Dort werden die Hauptprobleme am 3. Januar liegen, weil diese Kommunikationskanäle noch nicht getestet wurden", sagt Maynard. "Bevor man mit der Transaktions- und Handelsberichterstattung live geht", hätte es seiner Meinung nach vielleicht zuerst besser einen "weicheren" Test geben sollen.

Für Händler wird der erste Mittwoch des Jahres 2018 wie ein erneuter Schulbesuch mit Compliance sein - mit Compliance- Experten, MiFID-Spezialisten und Tech-Experten, die zu neuen Regeln und Instrumenten beraten. Bloomberg LP, die Muttergesellschaft von Bloomberg News, gehört zu Unternehmen, die eine Reihe von Dienstleistungen für Firmen anbieten, die die Anforderungen von MiFID II erfüllen müssen.

"Früher hätte die Sales-Person vielleicht durch den Raum schreien können: ’Kann ich einen Preis für dieses oder jenes haben?’", sagt Maynard. "All diese Gespräche müssen aufgezeichnet und mit einem Zeitstempel versehen werden, was bedeutet, dass es einen neuen Arbeitsablauf geben wird."

(Bloomberg)

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