Ökosiegel für die Finanz

Sind E-Autos, die nicht nur von „sauberem“ Strom betrieben werden, nachhaltig?
Sind E-Autos, die nicht nur von „sauberem“ Strom betrieben werden, nachhaltig?(c) REUTERS (Siphiwe Sibeko)
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Die EU-Kommission will nachhaltige Finanzprodukte fördern. Das wird auch die heiklen Eigenkapitalregeln verändern.

Brüssel. In der Europäischen Kommission wird an Plänen gearbeitet, ein verbindliches Umweltsiegel zur Auszeichnung nachhaltiger Finanzprodukte, eine diesem zugrunde liegende Klassifikation für deren Nachhaltigkeit sowie neue Eigenkapitalregeln für „grüne“ und „braune“ Investitionen zu verfassen. Am Donnerstag stellte der für die Kapitalmarktunion zuständige Kommissionsvizechef, Valdis Dombrovskis, solche Pläne vor.

Ist Tesla „nachhaltig“?

In den nächsten 15 Monaten sollen diese Neuerungen Stück für Stück präsentiert werden. Anlass dafür ist die im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens eingegangene Verpflichtung der Union, bis zum Jahr 2030 ihren Ausstoß von Treibhausgasen um 40 Prozent zu senken. Dafür seien rund 180 Milliarden Euro an zusätzlichen Investitionen in klimaschonende Technologien und Infrastrukturen erforderlich. Nicht allein die Staaten, auch die Finanzmärkte sollten durch eine entsprechende Bevorzugung nachhaltiger Finanzprodukte ihren Beitrag dazu leisten.

Das EU-Umweltzeichen für nachhaltige Aktien, Anleihen und Fonds solle Investoren die Möglichkeit geben, durch bewusste Wahl ihren Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels zu leisten. Der Markt für solche „grünen“ Anleihen ist derzeit noch klein, wächst aber stetig. 2017 wurden weltweit laut dem Brüsseler Wirtschaftsthinktank Bruegel derartige Unternehmens- und öffentliche Anleihen im Wert von 120 Milliarden Dollar platziert. Die gesamten Neuemissionen umfassten 21 Billionen Dollar.

Für dieses Gütesiegel wird es nötig sein, „Nachhaltigkeit“ im Binnenmarkt verbindlich zu definieren. Eine haarige Aufgabe: Sind zum Beispiel Wertpapiere des Elektroautoherstellers Tesla nachhaltig, dessen Batterien Rohstoffe aus Konfliktregionen benötigen und die auch mit Strom aus Kohlekraftwerken angetrieben werden?

Noch problematischer wäre es, würden solche „grünen“ Investitionen niedrigere Eigenkapitalanforderungen genießen dürfen. Die Kommission hält diese Frage noch offen, die europäische Bankenlobby EBA fordert es jedenfalls vehement. Eine schlechte Idee, kritisieren Arnoud Boot und Dirk Schoenmaker im Blog von Bruegel: „Wenn man die Kapitalanforderungen für bestimmte klimafreundliche Investitionen senkt, fordert man die Banken dazu auf, beide Augen für korrektes Risikomanagement zuzudrücken. Denn wir wissen nicht, welche grünen Technologien gewinnen werden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2018)

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