Haushalt: Großbritannien das nächste Griechenland?

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BRITAIN ECONOMY POUND EURO (c) EPA (Andy Rain)
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Großbritannien hat im Jänner mehr Ausgaben als Einnahmen, die Haushalts-Situation verschlechtert sich schneller als in den "PIGS"-Staaten. Ohne Sparprogramm wachsen die Schulden auf 200 Prozent des BIPs.

Wegen wegbrechender Steuereinnahmen in der Wirtschaftskrise hat Großbritannien überraschend bereits im Jänner Schulden aufnehmen müssen und damit Sorgen über ausufernde Defizite genährt. In normalen Zeiten kann sich der britische Staat im Jänner auf Überschüsse einstellen, da in diesem Monat sowohl die Einkommensteuer als auch die Firmensteuern fällig werden.

Fünf Milliarden Euro Finanzloch

Wie das Nationale Statistikamt am Donnerstag mitteilte, schrieb der Staat nun zu Jahresbeginn erstmals seit Beginn der entsprechenden Aufzeichnungen im Jahr 1993 rote Zahlen: Die Nettokreditaufnahme lag demnach im vergangenen Monat bei 4,339 Milliarden Pfund (knapp fünf Mrd. Euro). Die Nachricht schockte die Märkte, die das Pfund gegenüber dem Euro und dem Dollar abstraften. Dahinter steht die Sorge, dass Großbritannien sein Defizit nicht in den Griff bekommen könnte.

Griechische Tragödie droht

Derzeit richten sich die Augen der Finanzwelt auf die sogenannten "PIGS"-Staaten, also Portugal, Italien bzw. Irland, Griechenland und Spanien. Dort hat der Teufelskreis bereits eingesetzt: Mangelndes Vertrauen in die Kreditwürdigkeit führt zu höheren Risikoaufschlägen auf Staatsanleihen und teureren Ausfallversicherungen (Credit Default Swaps, CDS). Das wiederum erschwert die Refinanzierung der Staatsschulden.

Dieses Schicksal könnte auch Großbritannien drohen, warnt Bert Jansen von BNP Paribal in der "Financial Times Deutschland". "Das Verhältnis von Schulden und Bruttoinlandsprodukt verschlechtert sich deutlich schneller als in Portugal, Italien, Griechenland und Spanien, zugleich ist das Defizit mit fast 13 Prozent eines der höchsten weltweit", sagte Jansen der Zeitung.

Sparprogramm dringend notwendig

Für das laufende Haushaltsjahr wird mit einem Rekord-Fehlbetrag von mehr als zwölf Prozent des Bruttoinlandsprodukts gerechnet. Ökonomen haben berechnet, dass sich das Defizit auf rund 200 Prozent des BIPs bis zum Jahr 2020 ausdehnen könnte - wenn nicht bald ein hartes Sparprogramm gefahren wird. Der Internationale Währungsfonds schätzt, dass Großbritannien jährlich 13 Prozent seines BIPs sparen muss.

Pfund im Ärmel

Auch die oppositionellen Konservativen, die bei den Unterhauswahlen im Mai als Favoriten gelten, befürchten, dass das Land ähnlich wie Griechenland von den Rating-Agenturen herabgestuft werden könnte. Damit würde sich auch die Finanzierung an den Kapitalmärkten verteuern. Allerdings hat Großbritannien noch eine Art "Ass" im Ärmel: Der am wenigsten schmerzhafte Weg zur realen Schuldenreduzierung wäre eine Abwertung der Landeswährung. Ein Instrument, dass den Sorgenkindern der Eurozone fehlt.

(Ag./Red)

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