Wenn Investoren Stimmung machen

Allianz-Chef Oliver Bäte sagt zur Kohleindustrie: „Die Richtung ist eindeutig: raus.“
Allianz-Chef Oliver Bäte sagt zur Kohleindustrie: „Die Richtung ist eindeutig: raus.“APA/AFP/CHRISTOF STACHE
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Der deutsche Allianz-Konzern zeigt der Kohleindustrie künftig die kalte Schulter. Die Versicherung ist nicht die Einzige, die sich das Motto „Tue Gutes“ auf die Fahnen geheftet hat.

Wien. Sie haben viel Geld und bewegen Milliarden: Versicherungen. Wenn sie ihre Strategie ändern, kann das spürbare Auswirkungen haben. Die Kohleindustrie trifft so ein Manöver gerade mit voller Wucht. Denn die Allianz, Europas größte Versicherung, hat am gestrigen Freitag angekündigt, keine Kohlekraftwerke oder Kohleminen mehr zu versichern. Energiekonzerne, die Strom aus dieser Energiequelle beziehen, trifft dies allerdings nicht.

Unter dem Strich will sich die Allianz bis zum Jahr 2040 von sämtliche Kohlerisken trennen. Seit 2015 kann die Versicherung das Geld ihrer Kunden nur noch in Unternehmen mit einem Kohleanteil von maximal 30 Prozent investieren. In den kommenden 22 Jahren soll dieser Wert in Fünf-Prozent-Schritten auf null sinken. „Als führender Versicherer und Investor möchten wir den Übergang zu einer klimafreundlichen Wirtschaft vorantreiben“, sagt dazu Vorstandschef Oliver Bäte. Er hatte den Schritt schon im Februar angedeutet: „Die Richtung ist eindeutig: raus.“

Eine Allianz-Sprecherin sagte, der Konzern erhoffe sich eine Signalwirkung auf andere Versicherer. „Wir verstehen uns als Treiber einer Entwicklung. Wenn wir uns bewegen, ziehen auch andere nach.“ Münchener-Rück-Chef Joachim Wenning hatte dagegen in der Vorwoche einen Ausstieg aus der Kohle abgelehnt. Er setzt lieber auf den Dialog mit Unternehmen.

Keine Tabakinvestments

Die Allianz ist nicht der einzige Versicherer, der sich zunehmend ethischen Kriterien unterwirft. Im Sommer des Vorjahres gab der Schweizer Rückversicherungskonzern Swiss Re bekannt, seine 130 Milliarden Dollar schweren Finanzanlagen künftig streng nach ethischen Standards ausrichten zu wollen. Ganze Sektoren sollen aber nicht ausgeschlossen werden, weil man die Diversifikation im Auge behalten müsse, so Anlagechef Guido Fürer. Deshalb investiert man beispielsweise auch in die Kohleindustrie, allerdings nicht in Firmen, die dort mehr als 30 Prozent ihres Gewinns erzielen. Der Konzern orientiert sich dabei vielmehr an den Vorgaben des Anbieters MSCI, der Indizes bereitstellt, die auf sogenannten ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) basieren. Fürer zufolge stehe hinter der nachhaltigen Anlagephilosophie aber mehr als die bloße Absicht, Gutes zu tun. „Wir haben das getan, weil wir glauben, dass es wirtschaftlich sinnvoll ist. Aktien und Anleihen von Unternehmen und Sektoren mit hoher ESG-Einstufung haben bessere Risiko-Rendite-Verhältnisse“, sagte er damals.

Auch der französische Versicherungskonzern Axa ließ 2016 aufhorchen, als er unter Verweis auf die Gefahren des Rauchens sein knapp zwei Mrd. Euro schweres Investment in der Tabakindustrie beendete. Der britische Lebensversicherer Aviva folgte dem Beispiel und kehrte der Tabakindustrie ebenfalls den Rücken.

Als prominenten Vorreiter dieser nachhaltigen Bewegung könnte man durchaus den norwegischen Staatsfonds, immerhin der größte weltweit, bezeichnen. Bereits 2015 beschloss das Osloer Parlament, dass sich der Fonds aus Energie- und Bergbauunternehmen zurückziehen soll, bei denen der Kohleanteil 30Prozent des Umsatzes übersteigt. Grundsätzlich wolle man Investitionen in Kohle-, Öl- und Erdgasfirmen aber nicht verbieten. Eine Überprüfung erfolge vielmehr von Fall zu Fall. Ende des Vorjahres gab der Fonds schließlich die Devise aus, den Anteil an Öl- und Gasfirmen zu reduzieren, was sich sofort in den Aktienkursen zahlreicher Ölkonzerne widerspiegelte. Der Fonds selbst speist sich aus den Öleinnahmen des Landes. (ag./nst)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2018)

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