Börse: Warum man Insidern nicht immer folgen sollte

(c) AP (Richard Drew)
  • Drucken

Die Manager kaufen derzeit Aktien ihrer eigenen Firmen. Das heißt nicht, dass die Kurse steigen werden. Die Insider zeigten sich zuletzt gelassen bis optimistisch.

Wien.Für private Anleger könnten die Zeiten schlimmer nicht sein: Die Aktienkurse schwanken dramatisch, in den vergangenen Tagen stürzten sie sogar deutlich ab.

Die Manager der Börsenfirmen sehen die Lage offensichtlich gelassen. Sie stoßen die Aktien ihrer eigenen Unternehmen nicht ab, sondern kaufen sogar tendenziell zu. Diese Deals nennt man Directors' Dealings. Die Anleger sollten diesen Insidern aber nicht blindlings folgen.

1. Welche Bedeutung haben Directors' Dealings allgemein?

Unter Experten gelten sie als Indikator für künftige Kursentwicklungen. Die Insider – also die Manager, Aufsichtsräte und deren Verwandte – wissen am besten, was in ihren Unternehmen vorgeht. In den vergangenen Jahren zeigte sich eindeutig, dass sich die Insider gegen den Trend verhalten. Also Aktien kaufen, wenn die Kurse sinken. Und verkaufen, wenn sie steigen.

2. Wie ist die derzeitige Stimmung unter den Insidern?

Die Insider zeigten sich zuletzt gelassen bis optimistisch. In Deutschland kaufte etwa Telekom-Chef René Obermann in der turbulenten Vorwoche 50.000 Telekom-Aktien und zahlte dafür 437.000 Euro. In Deutschland wurden überhaupt allein in der vorigen Woche 40 Käufe gemeldet, Verkäufe gab es hingegen kaum. So spektakulär geht es in Österreich nicht zu. Nennenswerte Zukäufe gab es zuletzt von Insidern bei der Immofinanz, Telekom oder Wienerberger. Auch hierzulande haben die Manager kaum eigene Aktien verkauft. Die Stimmung dürfte demnach recht positiv sein.

3. Waren Directors' Dealings zuletzt ein guter Indikator für die Kursentwicklung?

Nein, in Wien zumindest nicht. Laut Statistiken der Finanzmarktaufsicht (FMA) haben die Manager während der Finanzkrise vor allem Mitte 2008 eigene Aktien gekauft. Wer dem gefolgt war, stand fünf Monate später mit Kursverlusten von bis zu 60 Prozent da. Das ist äußerst bitter, denn eine Aktie, die 60 Prozent verloren hat, muss danach um 150 Prozent steigen, um ihren Ausgangswert wieder zu erreichen.

„In normalen, ruhigeren Zeiten sind die Deals der Insider ein guter Indikator. In den vergangenen zwei Jahren haben sie aber sehr falsche Signale geliefert“, sagt Fondsmanager Roland Neuwirth. „Derzeit befinden wir uns in dem gleichen Dilemma wie in der Finanzkrise 2008: Den Unternehmen geht es fundamental gut, viele profitieren sogar vom schwachen Euro. Trotzdem fallen die Märkte, da die Unsicherheit wegen der Schuldenkrise groß ist“, so Neuwirth, dessen Fonds sich auf spezielle Situationen wie Insiderdeals konzentriert. Sein Fazit: „Es ist gut zu wissen, dass die Manager an ihre Firmen glauben. Aber derzeit würde ich nicht ausschließlich den Directors' Dealings folgen.“

4. Welche Schlüsse könnte man noch aus den Insiderdeals schließen?

Wenn sich Insider mit eigenen Anteilsscheinen eindecken, müssen sie nicht unbedingt nur auf steigende Kurse setzen, sondern auf üppige Dividenden (also laufende jährliche Einnahmen). Im Falle Obermann bringt das schöne Erträge. Die Deutsche Telekom hat ihren Aktionären nämlich bis 2012 mindestens 70Cent Dividende zugesagt. Obermanns Aktienpaket von 437.000 Euro verzinst sich demnach mit knapp acht Prozent jährlich. Unter diesen Umständen könnte man kleinere Kursverluste in Kauf nehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.