Vollbremsung bei BMW, VW und Co.

Vollbremsung
Vollbremsung(c) REUTERS (THOMAS PETER)
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Seit dem Sommer 2010 lagen die deutschen Autohersteller sowohl bei ihren Verkaufszahlen als auch an der Börse kräftig im Plus. Nun könnte sich das Blatt wenden. Alles hängt an China.

Wien/Jaz/Bloomberg/Dpa. Jede Party findet einmal ihr Ende. Und es deutet einiges darauf hin, dass die große Verkaufsparty der deutschen Autohersteller schön langsam auszuklingen beginnt. Zumindest die Musik wird sowohl auf den Absatzmärkten als auch an der Börse schon langsam leiser: In der vergangenen Woche kam es bei BMW, Daimler und Mercedes zu einem kräftigen Rücksetzer (siehe Kurs-Chart).

Alles hängt an China

Von Händlern und Analysten werden unterschiedliche Gründe für das kräftige Minus genannt. Sie alle haben aber etwas gemeinsam – China. So verdichtet sich auf den Märkten die Erwartung, dass China seine Zinsen anheben könnte, um das rasante Wirtschaftswachstum von zuletzt (4. Quartal) 9,8 Prozent etwas einzubremsen. „Wenn China die Zinsen anhebt, könnte die Nachfrage nach Luxusautos deutscher Produktion einen kräftigen Rückgang erleiden. Die Autoproduzenten würden die negativen Effekte dieser Wachstumsbremse besonders stark spüren“, meint dazu Anita Paluch vom Londoner Handelshaus ETX Capital.

Aber nicht nur von der chinesischen Zentralbank drohen den Deutschen Gefahren. Auch die Pekinger Stadtregierung sorgt mit einer neuen Regelung für große Sorgen bei den Herstellern und ihren Aktionären. Wie „Die Presse“ berichtete, soll die Zahl der Autozulassungen in der chinesischen Hauptstadt heuer drastisch zurückgefahren werden.

Wurden 2010 noch 800.000 Autos in Peking neu zugelassen, sollen es heuer nur noch 240.000 werden. Per Los wird künftig ermittelt, wer sich ein neues Auto kaufen und anmelden darf. So will die Pekinger Regierung die täglichen Staus – in denen die Stadt oft einem gigantischen Parkplatz gleicht – in den Griff bekommen. Laut Analysten könnte sich dieses System auch in anderen chinesischen Städten durchsetzen.

In den Autohäusern von Peking herrscht seit Jahresanfang daher gähnende Leere. Händler berichten davon, dass im Jänner mitunter noch kein einziges Auto verkauft worden sei – im Dezember seien es noch hunderte gewesen. Die deutschen Hersteller trifft diese Maßnahme besonders stark – denn für sie war China in jüngster Zeit der wichtigste Wachstumsmarkt.

So verdoppelte BMW etwa seine Verkäufe im Reich der Mitte im Vorjahr auf knapp 153.000 Fahrzeuge. Daimler (Mercedes) lag ebenfalls deutlich im Plus und lieferte 130.000 Autos nach China. Und für VW ist China seit den 1980er-Jahren bereits der „zweite Heimatmarkt“. Vor allem die Premium-Tochter Audi erfreut sich dort immer größerer Beliebtheit und konnte 2010 rund 230.000 Autos verkaufen – heuer sollte China eigentlich der größte Absatzmarkt für Audi werden.

Unsicherheit trotz Empfehlung

An der Börse scheint man an einer Fortsetzung dieser Wachstumsgeschichte langsam zu zweifeln. Am Freitag beruhigten sich die Kurse wieder, dennoch herrscht eine gewisse Unsicherheit vor. Die Kursziele bei allen drei Unternehmen sind jedoch trotz der Zugewinne im Vorjahr immer noch nicht erreicht. Und auch die Empfehlungen der Analysten lauten bei allen drei Autoherstellern weiterhin mehrheitlich „Kaufen“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2011)

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