Fiat übernimmt Mehrheit an Chrysler

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Der italienische Autobauer Fiat zahlt 500 Millionen Dollar für die letzten sechs Prozent, die die Regierung der Vereinigten Staaten an Chrysler hält. Er stockt damit seinen Anteil von 46 auf 52 Prozent auf.

Wien/Ag./Juk. Der italienische Autobauer Fiat hat einen wichtigen Etappensieg beim Aufbau eines globalen Players in der Autobranche errungen: Fiat hat sich mit der US-Regierung darauf geeinigt, weitere sechs Prozent an US-Autokonzern Chrysler zu übernehmen. Der Aktienkauf stellt in zweierlei Hinsicht eine markante Hürde dar: Fiat hält nach Abschluss des Deals 52 Prozent und damit die absolute Mehrheit an Chrysler. Die US-Regierung trennt sich gleichzeitig von ihren letzten Anteilen an Chrysler, womit dieser wieder zu einem privaten Konzern wird.

Milliardenverlust für Steuerzahler

Die US-Regierung war im Zuge der Finanzkrise ebenso wie die kanadische Regierung bei Chrysler eingestiegen. Zuvor hatten die beiden Regierungen dem Autobauer 7,6Mrd. Dollar an Krediten zur Verfügung gestellt. Insgesamt hatten die USA 12,5 Mrd. Dollar in den Autobauer gesteckt. Nach dem Verkauf der restlichen sechs Prozent an Fiat habe die US-Regierung 11,2 Mrd. Dollar zurückbekommen, teilte das Finanzministerium in einer Stellungnahme vom Donnerstag mit. Dass die restlichen 1,3 Mrd. Dollar noch ins Budget zurückfließen, hält es für „unwahrscheinlich“. In der gleichen Mitteilung bestätigte das US-Finanzministerium den entsprechenden Bericht des „Wall Street Journal“ über die Übernahme der restlichen sechs Prozent Staatsanteil durch den italienischen Fiat-Konzern. Demnach habe sich das Ministerium mit dem Autobauer auf die Zahlung von 500 Mio. Dollar (345 Mio. Euro) für die restlichen 98.461 Aktien des US-Finanzministeriums geeinigt. Darüber hinaus besaß der US-Staat eine Option, Aktien zu kaufen, die ein Fonds der US-Autogewerkschaft UAW an Chrysler hält. Um auch an diese Anteile zu gelangen, habe Fiat eingewilligt, noch einmal 75Mio. Dollar zu zahlen – 60 Mio. Dollar an die US-Regierung, 15Mio. Dollar an die Regierung von Kanada.

Börsegang scheint geplatzt

Fiat war 2009 bei Chrysler eingestiegen, nach Ende des Insolvenzverfahrens des US-Autobauers. Die Italiener erwarben zunächst einen Anteil von 20 Prozent und erhöhten im ersten Halbjahr 2011 schrittweise auf 30 Prozent. Nachdem Chrysler seine Kredite an die US-Regierung und die kanadische Regierung zurückgezahlt hatte, konnte Fiat seine Option auf weitere 16 Prozent einlösen. Dafür hatten die Italiener 1,3 Mrd. Dollar bezahlt. Der aktuelle Fiat-Anteil an Chrysler beläuft sich bis zur Übernahme der Staatsanteile auf 46Prozent. Zweiter großer Anteilseigner an Chrysler ist der Gesundheitsfonds der US-Autogewerkschaft UAW. Fiat hat sich das Recht gesichert, die UAW-Anteile zu kaufen. Dafür müssten die Italiener rund vier Mrd. Dollar auftreiben. „Wir stehen allen Möglichkeiten offen gegenüber“, sagte Fiat-Chef Sergio Marchionne. Ursprünglich war geplant, die UAW-Anteile an die Börse zu bringen. Nun spekulieren Beobachter darauf, dass Fiat der Gewerkschaft die restlichen Teile einfach abkauft.

Aktie legte um 3,7 Prozent zu

Marchionne will aus Fiat und Chrysler einen Weltkonzern machen. Fiat ist in Europa und Nordamerika stark, Chrysler in Nordamerika. Im April hatten die Italiener das Autogeschäft vom restlichen Geschäft getrennt, was spätere Allianzen mit anderen Autokonzernen erleichtern sollte. Seither notieren zwei Fiat-Aktien an der Mailänder Börse. Die Aktie des Autogeschäfts legte am Freitagvormittag um rund 3,7 Prozent zu. Am späten Nachmittag notierte sie um 3,4 Prozent stärker bei 7,34 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2011)

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