Herbe Niederlage für Meinl-Anleger

(c) APA (Barbara Gindl)
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Aktien geordert aber Zertifikate bekommen - macht nichts, sagt der Oberste Gerichtshof. MEL-Anleger, die sich getäuscht gefülhlt hatten, verloren ein Verfahren.

Wien/Red. Der Oberste Gerichtshof hat entschieden: Eine Aktie ist zwar kein Zertifikat, aber so etwas Ähnliches. Anleger, die ihrer Meinung nach Aktien geordert, stattdessen aber Zertifikate geliefert bekommen haben, können den Lieferanten (in diesem Fall die Meinl Bank) demnach nicht auf Vertragsverletzung verklagen und ihr Geld zurückverlangen.

Das OGH-Urteil führt zu spürbarer Erleichterung bei der Meinl Bank, die sich damit tausende Rückabwicklungsklagen ehemaliger MEL-Anleger erspart. Für ehemalige Aktionäre (bzw. „Zertifikateure“) der Immobiliengesellschaft Meinl European Land (MEL) bedeutet es jedoch einen herben Rückschlag.

MEL hatte seinen Sitz auf der britischen Kanalinsel Jersey und dort Namensaktien nach Jersey-Recht emittiert. Diese waren in Wien nicht handelbar. Um eine Notiz an der Wiener Börse zu erreichen, hatte die Oesterreichische Kontrollbank die Aktien übernommen und in Wien handelbare Zertifikate (Austrian Depository Receipt, ADC) emittiert.

Freilich: Auf dem Kurszettel der Wiener Börse (zumindest im Internet-Auftritt) waren die MEL-Zertifikate nicht als solche ausgewiesen (das geschah erst, nachdem „Die Presse“ die Angelegenheit thematisiert hatte). Und in den Prospekten der Meinl Bank war ebenfalls nur von „Aktie“ die Rede.

Das interessierte niemanden, solange die Sache glattging. Nach einer schlecht kommunizierten Rückkaufaktion stürzte der Kurs der MEL-Aktien 2007 allerdings scharf ab und fiel in den Folgemonaten ins Bodenlose. Anleger, die dabei viel Geld verloren hatten, überhäuften daraufhin die Meinl Bank und mehrere Finanzberater mit Klagen. Mehr als 3500 Zivilverfahren sind noch anhängig.

Im nun zugunsten Meinls entschiedenen Verfahren hat der Kläger „Aliud“ geltend gemacht. Dieser juristische Fachbegriff bedeutet: Der Kläger hat etwas anderes geliefert bekommen, als er geordert hat. Der Kauf sei also rückabzuwickeln. Die Begründung: Wären die MEL-Papiere Aktien nach österreichischem Recht gewesen (wie er geglaubt habe), dann hätte MEL die Rückkaufaktion, die den Kurssturz ausgelöst hatte, ordentlich bekannt machen müssen. Der OGH stellte nun fest, dass es tatsächlich Unterschiede zwischen Zertifikaten und Aktien gebe, diese aber nicht gravierend genug seien, dass eine Lieferung von „Aliud“ (lateinisch für „etwas anderes“) statt des georderten Vertragsgegenstandes vorliege.

Konkret: Durch die Zwischenschaltung der Kontrollbank ergäben sich für den Anleger zwar Erschwernisse. Diese würden aber dadurch aufgewogen, dass Namensaktien nach Jersey-Recht schwer handelbar seien und nicht angenommen werden könne, dass der Anleger wirklich ein schwer handelbares Wertpapier haben wollte.

Außergerichtliche Vergleiche

Die Meinl Bank feiert ihren Sieg im „Aliud-Verfahren“ als „richtungsweisende Entscheidung“, weil damit klargestellt sei, dass im Fall MEL die „auf dem Markt vorhandenen Zertifikate“ und nicht die Namensaktien Vertragsgegenstand gewesen seien. Allerdings haben die meisten MEL-Anleger die Bank wegen Irrtums oder Schadenersatzes geklagt. Auf diese Verfahren hat der OGH-Spruch keine Auswirkungen. Die Bank versucht freilich, sich mit MEL-Anlegern, die direkt bei der Meinl-Bank geordert haben, außergerichtlich zu vergleichen. Mit 5320 Anlegern gibt es bereits eine Einigung, mit den restlichen 1800 soll ebenfalls außergerichtlich abgeschlossen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2011)

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