Sparbücher: Aufsicht knöpft sich Direktbanken vor

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Die Finanzaufsicht will Direktbanken, die mit besonders hohen Zinsen auf Kundenfang gehen, strenger kontrollieren. Notfalls sollen die Praktiken unterbunden werden.

Wien/Höll. Sparen ist ein Verlustgeschäft, denn die Zinssätze sind niedriger als die Inflationsrate. Trotzdem sind Sparbücher beliebt, weil sie als sicher gelten. Im Fall einer Bankenpleite sind über das gesetzliche Einlagensicherungssystem pro Person und Institut 100.000 Euro abgesichert. Wer höhere Zinsen haben will, muss ein Konto bei einer Direktbank eröffnen. In diesem Segment ist auch die marode Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG) tätig, die mit der Livebank über eine eigene Direktbank verfügt.

Vor allem die Raiffeisen- und Sparkassen sind über die Kampfkonditionen der ÖVAG empört. Sie sehen darin eine Wettbewerbsverzerrung. Schließlich musste das Volksbanken-Institut mit der Verstaatlichung vor der Pleite gerettet werden.

Gesetzesänderung notwendig

Die Österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) kündigte am Mittwoch an, dass sie Banken, die mit besonders hohen Zinssätzen arbeiten, verstärkt überprüfen wird. Zunächst sollen die Institute aufgefordert werden, ihre internen Kalkulationen vorzulegen. Notfalls sollen die Praktiken der Banken unterbunden werden. „Wenn jemand über den Marktzins zahlt, wenn zu große Abweichungen erfolgen, wollen wir das abstellen können“, sagt FMA-Vorstand Helmut Ettl. Dazu bedarf es noch einer Gesetzesänderung. Schon jetzt sieht die Aufsicht genau hin, wenn Banken im Ausland mit der österreichischen Einlagensicherung werben, selbst wenn es nur in subtiler Weise erfolgt. „Offene Werbung mit der staatlich garantierten Einlagensicherung ist verboten“, so Ettl.

In Deutschland sind derzeit mit der VTB-Bank und der Denizbank vor allem zwei österreichische Banken im Sparbereich tätig: So hat die Österreich-Tochter der russischen VTB-Bank im Vorjahr in Deutschland eine Direktbank gegründet. Diese lockte mit attraktiven Konditionen und verzeichnete einen Ansturm von Kunden. Vor Kurzem wurde der Zinssatz jedoch gesenkt. Ähnlich geht die Österreich-Tochter der türkischen Denizbank vor.

Da die Töchter von VTB und Denizbank ihren Sitz in Wien haben, haftet Österreich für die in Deutschland eingesammelten Kundengelder. Beide Institute versichern aber, dass sie sich hier an alle Gesetze halten. Die Aufsicht will als Folge der Finanzkrise die Einlagensicherung komplett reformieren. Derzeit gilt die Regel, dass die Kunden im Fall einer Pleite von den anderen Banken entschädigt werden. Reichen die Mittel nicht aus, kommt der Steuerzahler zum Handkuss. Die FMA fordert, dass die Banken schon im Voraus in einen Sicherungstopf einzahlen. Ähnliche Überlegungen gibt es in der EU, doch die Lobbyisten einiger Finanzkonzerne laufen wegen der Zusatzkosten dagegen Sturm.

Braucht Hypo wieder Staatshilfe?

Die FMA verlangt weiters, dass es in Österreich bald ein Bankeninsolvenzrecht geben soll. Denn der Fall ÖVAG habe gezeigt, dass sich der österreichische Staat nicht mehr erpressen lassen dürfe. Manche ÖVAG-Eigentümer drohten, das Institut in Konkurs zu schicken – ein solcher Schritt hätte Österreich laut FMA einen zweistelligen Milliardenbetrag gekostet. Bei der Hypo Alpe Adria schließt die Aufsicht nicht aus, dass der Staat heuer erneut Geld zuschießen muss.

Sorgen macht sich die Behörde wegen Griechenland. Bei einem Rauswurf der Griechen aus der Eurozone drohe eine Systemkrise, die die Finanzplätze nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt erschüttern könnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2012)

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