Vermögensverwalter: "Finger weg von Gold"

(c) Clemens Fabry
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Vermögensverwalter und Fondsmanager Gerhard Massenbauer erwartet eine hohe Inflation. Das wird noch zwei bis vier Jahre dauern. Gold oder Immobilien würden davor aber keinen Schutz bieten, sagt er.

Die Presse: Glauben Sie, dass hohe Inflationsraten bald das Vermögen der Anleger anknabbern werden?

Gerhard Massenbauer: Für die nächsten zwölf Monate kann ich mir nicht vorstellen, dass wir eine starke Steigerung der Inflationsraten sehen werden. Das wird noch zwei bis vier Jahre dauern. Eine hohe Inflation muss irgendwann aber kommen, weil die Notenbanken Unmengen von Geld ins System pumpen. Viel wird davon in Schwellenländern investiert. Dort zieht der Konsum an, die Nachfrage nach Rohstoffen steigt, was die Preise antreibt. Das frisst sich auch bei uns in die Preiskette. Das beginnt bei den Produzentenpreisen, die schon stärker steigen.

Viele Experten sagen, dass Gold als Inflationsschutz diene.

Das ist Unsinn. Den historischen Höchststand von Gold haben wir Anfang der 1980er-Jahre gesehen. Der Preis sprang damals auf 850 Dollar, wobei der Dollar-Kurs umgelegt bei etwa 0,65 Euro lag. Somit betrug der Euro-Goldpreis damals 1300 Euro. Seither gab es eine jährliche Inflationsrate von circa drei Prozent. Indexiert müsste der Goldpreis somit heute bei über 4000 Euro liegen. Tatsächlich notiert Gold bei 1015 Euro. Von Inflationsschutz kann man kaum sprechen. Auch in Dollar müsste der Preis eher bei 2400 sein, um inflationsangepasst den Wert von damals zu haben.

Der Goldpreis steigt dann, wenn die Anleger bereit sind, mehr für Gold zu bezahlen, indem sie einen höheren Goldpreis erwarten.

Ich rate: Hände weg von Gold! Gold ist kein Investment, weil es keine Zinsen abwirft. Es ist nur dann ein Investment, wenn Papier keine Zinsen bringt. Das haben wir in den vergangenen drei Jahren gesehen, da das Sparbuch und auch Anleihen keine Zinsen abwarfen. Somit greifen die Investoren lieber zur Substanz. Der Goldmarkt beträgt aber nur ein Zehntausendstel des Anleihenmarktes. Es reicht somit relativ wenig Kapital, um den Goldpreis nach oben zu befördern. Wenn aber die Zinsen für Papier wieder steigen, ist dieses Kapital genauso schnell wieder draußen.

Und steigende Zinsen werden wir weiterhin sehen?

Für deutsche Bundesanleihen bekommt man derzeit Zinsen von knapp drei Prozent. Das ist zu tief, Deutschland ist noch „überkauft“. Zudem muss Deutschland für die Schuldenkrise einiger Euroländer zahlen. Das Zinsniveau muss daher in die Höhe gehen. Bis zum Ende des Jahres erwarte ich, dass die Zinsen auf vier bis 4,5 Prozent ansteigen. Auch für österreichische Anleihen wird es höhere Zinsen geben. Diese steigenden Zinsen werden beim Gold zu Preisschwankungen nach unten führen.

Bieten Immobilien Schutz vor Inflation?

Bei Immobilien als Investment (nicht als Eigenbesitz) bin ich skeptisch. Wenn man heute in eine Immobilie investiert und dafür eine Mietrendite von drei Prozent kassiert, ist das in Ordnung, solange man für Anleihen und am Sparbuch nicht mehr bekommt. Die Immobilienpreise werden aber fallen, wenn die Zinsen steigen. Warum? Wenn ich für eine Staatsanleihe fünf oder sechs Prozent bekomme, begnüge ich mich doch nicht mit drei Prozent Mietertrag.

Die Mieten werden aber auch der Inflation angepasst.

Das hilft nicht viel. Ein Beispiel: Die Mietrendite ist drei Prozent, die jährliche Inflation beträgt hohe vier Prozent. Bei einer derartigen Inflation liegen die Anleihezinsen zwangsweise bei 5,5 bis sechs Prozent. Wird die Miete nun der Inflation angepasst, komme ich im ersten Jahr auf eine Mietrendite von 3,12 Prozent. Im zweiten Jahr liegt sie dann bei 3,26 Prozent, im dritten Jahr bei 3,4 Prozent. Das ist doch deutlich weniger als ich für die Staatsanleihe bekomme. Daher werden Immobilien unattraktiver. Wenn ich dann noch ein Angebot für eine Vorsorgewohnung im 22. Bezirk lese, bei der eine Nettomiete von elf Euro versprochen wird, ist das wahnsinnig. Welcher Mieter sollte sich das leisten können?

Es gibt Immobilienmärkte außerhalb von Österreich, die Potenzial haben und höhere Mieterträge bringen.

Wenn man etwas findet, dass ohne Finanzierungshebel eine Mietrendite von sechs Prozent bringt, sollte man zuschlagen. Unter sechs Prozent aber nicht.

Der Optimismus in den Aktienmärkten ist derzeit groß. Berechtigterweise?

Der Euro Stoxx 50 oder der Dax werden in den nächsten zwei Jahren sehr gute Kapitalmärkte sein. Wenn Europa eine Lösung für die Schuldenkrise findet und eine einheitliche Wirtschaftspolitik schafft, wird viel Kapital hereinkommen. Dann ist Europa eine Alternative zu den USA, die von China gerne angenommen wird. Man muss aber einen langfristigen Anlagehorizont von etwa zehn Jahren haben. Wer sein Geld nur drei, vier Jahre anlegen will, hat Probleme. Man kann es nicht in Anleihen geben, auch mit Gold und Immobilien wird man verlieren, und die Börsen werden trotz guter Voraussetzungen in den nächsten Jahren noch stark schwanken.

Sie haben bereits gesagt, dass die Notenbanken viel Geld in die Märkte pumpen. Wo entsteht die nächste Blase?

Die gibt es bereits, und zwar bei den Anleihen. Produktivkraft entsteht ausschließlich aus Unternehmen, die etwas herstellen oder mehr aus etwas machen. Die Kapitalisierung von Börsen- und Familienfirmen beträgt derzeit nur ein Drittel des Anleihevolumens. Dieses Drittel sorgt also für die Deckung des dreifachen Anleihevolumens. Das ist eine gewaltige Blase.

Ist auf dem Anleihenmarkt schon eine Trendumkehr zu sehen? Mit den Kursen der deutschen Bundesanleihen geht es seit Sommer bergab, es droht ein jahrzehntelanger Trend zu brechen.

Das sehe ich noch nicht als Trendumkehr. Die Kurse der Bundesanleihen gingen im Sommer derart stark in die Höhe, dass die Zinsen auf 1,8 Prozent abfielen. Das war eine Übertreibung, das wurde jetzt korrigiert. Aber wie schon vorhin gesagt: Den Investoren ist bewusst, dass Deutschland für die Schuldenkrise einiger Peripherie-Länder zahlen muss. Das treibt die Anleihezinsen demnächst weiter an.

Sie behaupten, dass sich der Euro nicht in einer Währungskrise befindet.

Wir haben nur eine Schuldenkrise einiger Euroländer. Bei einer Währungskrise würde eine Währung nahezu kollabieren, wodurch die Notenbank die Zinsen drastisch anheben muss, um den Wert der Währung zu halten. Die Zinsen sind aber historisch niedrig. Der Euro hat seit seiner Schaffung um 15 Prozent zum Dollar zugelegt.

Auf einen Blick

Gerhard Massenbauer (43) ist Vermögensverwalter und Fondsmanager der von ihm gegründeten Wiener Censeo Vermögensverwaltung. Er bietet auch kostenlose Anlageseminare für Privatanleger an.
Interview. Entgegen der Meinung vieler Experten glaubt er, dass der Goldpreis unter Druck kommen wird.

Was Sie beachten sollten beim... persönlichen Anlagedepot

Tipp 1

Schimäre. Gold ist eine Krisenwährung, dient aber weniger als Schutz vor hoher Inflation. Real ist das gelbe Edelmetall heute viel weniger wert als noch zu Beginn der der 1980er-Jahre. Wäre der Goldpreis seither in dem Ausmaß gestiegen wie die Inflation, müsste das Edelmetall laut Massenbauer heute bei über 4000 Euro notieren (siehe Interview).

Tipp 2

Bergab mit Staatsanleihen. In den vergangenen 30 Jahren konnte man mit sicheren deutschen Staatsanleihen durchschnittlich sechs Prozent verdienen, wie der RexP-Index (ein Messinstrument für den deutschen Anleihenmarkt) zeigt. Seit Sommer fiel der Index um 4,5Prozent ab, was einer der größten Rückgänge seit Jahrzehnten ist.

Tipp 3

Immobilien. Das Angebot an Vorsorgewohnungen nahm stark zu. Als Anleger sollte man aufpassen. Wenn die Wohnung 3500 bis 4000 Euro pro Quadratmeter kostet, müsste man eine Nettomiete von zehn bis zwölf Euro einnehmen. Da sollte die Lage schon gut sein, damit man Mieter findet, die das bezahlen. Wien ist kein so attraktiver Markt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2011)

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