Inflationsangst treibt den Silberpreis

(c) Clemens Fabry
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Der Silberpreis hat sich im Vorjahr verdoppelt. Das Edelmetall bietet Schutz bei hohen Inflationsängsten. Investment für Jahrzehnte ist es nicht.

Wien. Die Unruhen in Nordafrika und die anhaltend hohen Inflationsängste haben den Silberpreis in den vergangenen Tagen auf mehr als 33 Dollar pro Unze und damit auf ein Dreißigjahreshoch katapultiert. Seit einem Jahr hat sich der Preis mehr als verdoppelt. Auch Gold hat sich verteuert, aber längst nicht so stark: Im Verhältnis zu Gold ist Silber derzeit so viel wert wie seit 13 Jahren nicht mehr.

Getrieben wird der Silberpreis unter anderem von der starken Nachfrage aus China: Im Vorjahr habe die aufstrebende Wirtschaftsmacht vier Mal so viel Silber importiert wie im Jahr davor, stellt Ronald-Peter Stöferle, Rohstoff-Analyst bei der Erste Group, fest. Im Gegensatz zu Gold, das in erster Linie zur Schmuckherstellung und erst in zweiter Linie von der Industrie benötigt wird, ist Silber primär ein Industriemetall.

Silberpreis schwankt stärker

„Es gibt eine echte physische Verknappung“, erklärt Stöferle. Das zeige sich darin, dass bei Silber Lieferverträge mit kurzer Laufzeit teurer sind als solche mit langer. Normalerweise sind spätere Liefertermine teurer, weil man Lagerkosten spart. Auch bei Gold sind Verträge mit kurzer Laufzeit billiger als solche mit langer.

Doch sei der Silberpreis volatiler als der Goldpreis, warnt der Experte. Bei Produkten mit Hebel (dabei schlagen Gewinne wie Verluste stärker zu Buche) sei Vorsicht angebracht. Mit Preisrückgängen müsse man rechnen, mittelfristig sollte es mit Silber aber weiter nach oben gehen. Stöferle erwartet, dass der Goldpreis, der derzeit bei über 1400 Dollar (1011 Euro) pro Unze liegt, heuer noch auf 1600 und in weiterer Folge auf 2300 Dollar ansteigt. Der Silberpreis dürfte diesem Trend folgen.

Anlegern, die an dem steigenden Silberpreis mitverdienen wollen, empfiehlt Stöferle Minenaktien wie Fresnillo (ISIN: GB00B2QPKJ12) oder Silver Wheaton (ISIN: CA8283361076). Dabei sollte man Unternehmen, die neben Silber auch Gold und andere Metalle herstellen, nicht außer Acht lassen, rät Raiffeisen-Analyst Hannes Loacker. Denn der Trend, dass Silber sich stärker verteuert als Gold, sei keine Einbahnstraße und könnte genauso gut in die andere Richtung ausschlagen.

Generell sieht Loacker gute Aussichten für Gold- und Silberminen: Die Unternehmen profitierten derzeit davon, dass sie fast nicht mehr gegen Preisveränderungen abgesichert sind: So können sie zu 100 Prozent an dem steigenden Preis profitieren. Doch sei das teilweise im Kurs schon eingepreist. Ein Risiko bei Minen stelle die politische Unsicherheit in den jeweiligen Regionen dar. Sicherer fährt man mit Fonds, die in mehrere Minen investieren, die verschiedene Edelmetalle wie Gold, Silber oder Palladium fördern.

Wer sich kein physisches Silber in Form von Münzen (die vielfach Sammlerwert haben und deutlich mehr kosten als das Material) oder Barren zulegen will, kann auch zu ETFs (Fonds ohne Fondsmanager) oder Zertifikaten greifen.

Physisches Silber als Krisenschutz

Dabei handelt es sich um Wertpapiere, deren Preis sich an der Wertentwicklung eines bestimmten Rohstoffs orientiert und die physisch mit diesem Rohstoff unterlegt sind. „Allerdings kann man sich das Silber dabei nicht ausliefern lassen“, stellt Stöferle fest. Wer Silber als Versicherung für schlechte Zeiten sehe, sollte es sich doch lieber physisch zulegen.

Momentan nütze die Kombination aus Inflationsangst und Unruhen in Libyen dem Silberpreis enorm, sagt Loacker. Wer ein Investment in Silber überlege, dürfte noch günstigere Einstiegszeitpunkte vorfinden. Ein solcher könnte sich, einige Tage nachdem sich die Unruhen in Libyen gelegt haben, ergeben.

Sollten in den nächsten Jahren die Inflationsängste nachlassen, sollte man– zumindest vorübergehend– auch wieder an einen Ausstieg aus dem Silberinvestment denken. Denn Silber und Gold sind primär Kriseninvestments, aber langfristig nicht besonders renditeträchtig: Wer vor 30 Jahren in Silber investiert hat und seither nicht mehr ausgestiegen ist, hat inflationsbereinigt verloren. Guten Inflationsschutz bieten Silber und Gold nur in Zeiten steigender Inflation bzw. (so wie derzeit) bei starken Inflationsängsten.

Tipp 1

Münzen oder Aktien? Anleger haben die Wahl zwischen physischem Silber (Münzen, Barren), Minenaktien und Wertpapieren, deren Preis an den Silberpreis gekoppelt ist (ETCs). Physisches Silber bietet guten Schutz im Katastrophenfall, man zahlt aber oft einen Aufpreis. Bei Minenaktien trägt man das Risiko von politischen Unruhen in der jeweiligen Region.

Tipp 2

Silber oder Gold? Der Silber- wie der Goldpreis profitieren von Inflations- und Krisenängsten und entwickeln sich oft parallel. Im vergangenen Jahr hat sich Silber stärker verteuert als Gold. Dieser Trend muss nicht zwingend anhalten. Experten raten daher zur Streuung: Man sollte in Gold und Silber oder in Unternehmen, die beides fördern, investieren.

Tipp 3

Ein- und Ausstieg. Kurzfristig rechnen Experten mit Rücksetzern beim Silberpreis, wenn sich die Lage in Libyen beruhigt hat. Mittelfristig sollte der Silberpreis weiter steigen. Doch handelt es sich bei Silber und Gold mehr um einen Krisenschutz als um ein renditeträchtiges Investment: Inflationsbereinigt waren beide Metalle Anfang der 1980er mehr wert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2011)

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