Harte Zeiten für Anleiheinvestoren

Harte Zeiten für Anleiheinvestoren
Harte Zeiten für Anleiheinvestoren(c) Erwin Wodicka - wodicka@aon.at (Erwin Wodicka)
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Wer jetzt Anleihen kauft, erhält oft magere Zinsen und riskiert zudem Kursverluste, wenn die Zinsen wieder steigen. Zu welchen Strategien Fondsmanager raten, um gut durch die Niedrigzinsphase zu kommen.

Wien. Wenn Österreicher Wertpapiere halten, sind das mit hoher Wahrscheinlichkeit Anleihen. Berechnungen der Oesterreichischen Nationalbank zufolge saßen die heimischen Haushalte Ende des Vorjahres auf einem Finanzvermögen in Höhe von 484 Mrd. Euro. Etwa die Hälfte entfiel auf Spareinlagen, ein Zehntel auf Anleihen und nur ein Dreißigstel auf Aktien.

Weltweit investieren Anleger lieber in Aktien, da diese höhere Renditen abwerfen. Doch auch Anleiheinvestoren können ihre Rendite ein auffetten– wenn sie mehr Risiko eingehen. „Die Presse“ hat Fondsmanager befragt, welche Wege diese gehen. Ein Überblick:

• Kursgewinne mitnehmen. Wenn die Zinsen fallen (wie derzeit), steigen in der Regel die Kurse von älteren Anleihen, die noch höhere Zinsen abwerfen. Wer solche Anleihen hat, kann überlegen, sie vor Ende der Laufzeit abzustoßen. Wartet man nämlich bis Laufzeitende, kann man zwar weiter die relativ hohen Zinsen kassieren, erhält aber „nur“ den Nominalwert der Anleihe zurück. Viele Anleger schrecken vor einem vorzeitigen Verkauf zurück, da sie nicht wissen, wo sie investieren sollen – denn gut verzinste Alternativen sind derzeit rar. Wer aber vorhat, den Aktienanteil zu erhöhen, kann die hohen Anleihekurse zum Umstieg nutzen. Auch aus steuerlichen Gründen kann das sinnvoll sein: Hat man die Anleihe vor Oktober 2011 erworben, kann man den Gewinn steuerfrei einstreifen.

• Firmenanleihen beimischen. Unternehmen zahlen höhere Zinsen als Staaten: Je nach Kreditwürdigkeit gibt es Zinsaufschläge. Steigen die Marktzinsen, schlägt das nur teilweise auf Unternehmensanleihen durch. „Der Aufschlag, den die Unternehmen zahlen, bleibt gleich hoch“, stellt Alexander Fleischer, Leiter des Aktienfondsmanagements bei der Erste Sparinvest, fest. Das bedeutet, dass sich Zinserhöhungen auf die Kurse von Unternehmensanleihen nicht ganz so schlimm auswirken. Auch haben Firmenanleihen meist nicht so lange Laufzeiten wie Staatsanleihen, gibt Martin Bohn, Leitung Fixed Income bei der Bawag P.S.K. Invest, zu bedenken. Und je kürzer die Laufzeit, desto weniger schwer wiegen Zinserhöhungen. Doch nützen derzeit viele Firmen die niedrigen Zinsen, um sich für längere Zeit zu verschulden. Als Anleger sollte man lange Laufzeiten aber meiden, so Bohn. Oder sich mit Optionen gegen steigende Zinsen absichern. Das kostet zwar Geld. Doch bleibt einem dann wenigstens der Aufschlag, den Unternehmen zahlen.

• „BB“-Rating bevorzugen. Fragt man die Fondsmanager nach dem besten Rendite-Risiko-Verhältnis, sagen fast alle „BB“. Denn während Noten von „BBB“ oder besser auf „Investmentgrade“, also Unternehmen von guter Bonität, hinweisen, gilt alles mit der Note „BB“ und schlechter als „Junk Bond“. Nun ist der Unterschied zwischen „BBB“ und „BB“, was das Ausfallrisiko betrifft, nicht so groß. Doch dürfen viele institutionelle Anleger (etwa Versicherungen) nur in „Investmentgrade“-Anleihen investieren. Unternehmen mit dem Rating „BB“ müssen daher mit deutlich höheren Zinsen um Geldgeber werben. Auch würden sie verstärkte Anstrengungen unternehmen, um wieder „Investmentgrade“ zu erlangen, sagt Fleischer. Das erhöhe die Chance auf Kursgewinne.

• Schwellenländer-Fonds kaufen. Wer mitteleuropäischen oder nordamerikanischen Staaten Geld borgt, hat die Qual der Wahl zwischen mageren Zinsen (wie sie etwa Deutschland, Österreich oder die USA zahlen) oder nervenaufreibenden Zeiten (Portugal, Spanien und Italien zahlen besser, man muss sich aber auf starke Kursschwankungen einstellen). Schwellenländer wie Brasilien, die Philippinen oder China bieten oft ein besseres Rendite-Risiko-Verhältnis. Kauft man Anleihen in fremder Währung, riskiert man aber Währungsverluste. Doch begeben viele Länder auch Anleihen in Dollar oder Euro.

Zinsstrukturkurven runterrollen. Anleihen mit kurzer und mittlerer Laufzeit werfen in Niedrigzinsphasen geringere Zinsen ab als solche mit langer Laufzeit. Man kann also eine zehnjährige Anleihe erwerben, fünf Jahre lang Zinsen kassieren und die Anleihe abstoßen. Da sie dann nur mehr eine fünfjährige ist und Käufer bei solchen geringere Renditen akzeptieren, kann man das Papier mit Kursgewinn verkaufen und den Ertrag ein wenig auffetten, so die Theorie. Diese Strategie verfolgt etwa Josef Obergantschnig, Chief Investment Officer der Security KAG. Er verkauft zehnjährige Anleihen im Schnitt nach vier Jahren und will so die Rendite um einen Prozentpunkt pro Jahr verbessern.

Ein Risiko gibt es aber: Steigen die Zinsen, drückt das die Anleihekurse – und der Gewinn, den man durch das Ausnützen der Zinskurve erhalten hätte, wird angeknabbert. „Dann stellt die Strategie aber wenigstens eine Absicherung dar“, sagt Obergantschnig. Immerhin habe man dann einen Polster, der einen vor den negativen Effekten leicht steigender Zinsen schützt. Nur der Zusatzgewinn falle in diesem Fall dann halt etwas schwächer aus.

Aktien beimischen. Auch Anleihenfondsmanager wie Bohn raten derzeit, zehn bis zwanzig Prozent Aktien beizumischen. Selbst eingefleischte Anleiheinvestoren sollten das jetzt tun: Wenn die Inflation anzieht, sollte das vor allem die Aktien beflügeln.

Was Sie beachten sollten bei... Anleihen

Tipp 1

Rendite-Risiko-Verhältnis. Je sicherer eine Anleihe ist, desto niedriger sind im Normalfall die Zinsen. Sehr hohe Zinsen können auf ein erhöhtes Pleiterisiko des Emittenten (meist ein Staat oder Unternehmen) hindeuten. Derzeit haben laut Experten Anleihen von Unternehmen mit einem Rating knapp unter Investmentgrade (bis „BBB“), also etwa „BB“, das beste Rendite-Risiko-Verhältnis. Nur in eine einzelne solche zu investieren, ist aber riskant.

Tipp 2

Streuen. Hat man Hochzinsanleihen nur von einem oder wenigen Emittenten, riskiert man hohe Verluste, falls der Schuldner zahlungsunfähig wird. Deswegen sollte man entweder viele solche Anleihen halten oder– falls man dafür zu wenig Geld hat– in einen Fonds investieren. Einige Fonds setzen nur auf Hochzinsanleihen oder Investment-Grade-Anleihen, andere haben keine diesbezügliche Einschränkung.

Tipp 3

Halten oder Handeln. Anleihen kann man bis Laufzeitende halten. Dann erhält man regelmäßig Zinsen und am Ende der Laufzeit den Nominalpreis zu 100 Prozent zurück (sofern es zu keinem Ausfall kommt). Wer das tun will, sollte Emittenten mit guter Bonität wählen. Anleihen kann man aber auch während der Laufzeit verkaufen. Steigen die Zinsen, fallen in der Regel die Kurse– und umgekehrt. Verschlechtert sich die Bonität, fällt ebenfalls der Kurs.

Tipp 4

Ablaufdatum. Wer bereits weiß, wann er sein Geld braucht– etwa in fünf Jahren–, kann statt zu einer fünfjährigen Anleihe auch zu einem Basket-Fonds greifen: Das ist ein Anleihefonds mit Ablaufdatum. Die Rendite steht im Wesentlichen fest, Garantie gibt es aber keine. Steigt man vorzeitig aus, hat man aber unter Umständen Nachteile. Auch kann man nicht jederzeit einsteigen, sondern meist nur, wenn eine Kapitalanlagegesellschaft einen Fonds auflegt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2013)

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