Ein neues Gesetz verspricht Anlegern mehr Rechte und Transparenz. Außerdem müssen die Fondsgesellschaften beim Risiko künftig genauer nachrechnen.
Wien. Am ersten September tritt ein neues Investmentfondsgesetz in Kraft. Damit wird die EU-Richtlinie, die Kunden von Fondsgesellschaften vor kaum verständlichen Angeboten schützen soll, auch in Österreich umgesetzt. Außerdem müssen die Kapitalanlagegesellschaften künftig verschärftes Risiko- und Beschwerdemanagement betreiben. „Die Presse“ stellt die wichtigsten Neuerungen vor.
• Beipackzettel: Die Kapitalanlagegesellschaften müssen künftig für jedes ihrer Angebote ein „Kundeninformationsdokument“(kurz: KID) bereithalten. Auf nicht mehr als zwei A4-Seiten finden Anleger dort die Eckdaten des Fonds. Dazu gehören grundlegende Angaben zur Anlagestrategie, das Risikoprofil, die Kosten und die Wertentwicklung in den vergangenen Jahren. Das Dokument muss laut Gesetz „in allgemein verständlicher Sprache“ abgefasst werden – mit Finanzchinesisch soll Schluss sein. „Das ist ein ganz entscheidender Vorteil für die Kunden“, findet Kurt Pribil, Vorstand der Finanzmarktaufsicht.
Das KID ersetzt den vereinfachten Verkaufsprospekt, der momentan noch vorgeschrieben ist. Diese Prospekte seien mit der Zeit immer länger und unverständlicher worden, sagt Pribil. Ein standardisiertes Informationsblatt mache die Produkte nun auch grenzüberschreitend vergleichbar. Das Risiko, das im KID mit einem Wert zwischen eins und sieben angegeben wird, muss nach einheitlichen Standards errechnet werden.
Unter dem Punkt „Kosten“ finden Anleger zudem die Gebühren für Kauf und Verkauf der Fondsanteile sowie die laufenden Kosten – alles mit entsprechender Erläuterung. Bis Mitte 2012 haben die Kapitalanlagegesellschaften (KAG) Zeit, für jeden ihrer Investmentfonds einen solchen Beipackzettel bereitzustellen.
• Risiko- und Beschwerdemanagement: DieKAG werden noch in anderer Hinsicht in die Pflicht genommen. Sie müssen künftig verschärftes Risikomanagement betreiben. Zwar prüfe die FMA bereits seit Jahren das Risikomanagement der Fondsgesellschaften, jedoch würden die Auflagen mit der neuen Richtlinie deutlich verschärft, so Pribil. Ziel ist laut Gesetz, dass die Gesellschaften das Risiko der einzelnen Anlagepositionen jederzeit überwachen und messen können. „Große KAG erfüllen die Anforderungen bereits“, sagt Winfried Buchbauer von der Erste Sparinvest. Neu seien jedoch die strengeren und konkreten Berechnungsvorgaben.
Eine zweite wichtige Veränderung für die Gesellschaften ist die Pflicht, ein funktionierendes Beschwerdemanagement einzuführen. Auch das werde die FMA überwachen, so Pribil. Neben einer Beschwerde direkt bei der Gesellschaft oder der FMA haben Anleger ab dem 1. Jänner 2012 auch die Möglichkeit, vor die Schlichtungsstelle für Kreditinstitute zu ziehen. An der gemeinsamen Schlichtungsstelle haben bisher nur Banken teilgenommen, künftig tun das auch Fondsgesellschaften.
• Internationalisierung: Fondsgesellschaften dürfen in Zukunft nicht mehr nur ihre eigenen Fonds im Ausland vertreiben, sondern dort auch eigene Fonds auflegen. Bei der FMA erwartet man zwar, dass das heuer nur in begrenztem Ausmaß stattfinden wird. „Für nächstes Jahr glauben wir aber schon, dass es auch in Österreich einige neue Fonds geben wird“, so Pribil.
„Über kurz oder lang können sich die Fondsgesellschaften ihre lokalen Ableger sparen“, erklärt Buchbauer. Auch wenn das nicht allzu schnell umzusetzen sei, erwarten die Experten, dass die Kunden die sinkenden Kosten auch bei den Gebühren spüren werden. „Zumindest hoffen wir das“, ergänzt Pribil.
Künftig haben die Firmen auch die Möglichkeit, Fonds aus verschiedenen Ländern zu vereinen. Ein nationaler Fonds kauft dabei nichts als Anteile eines anderen, im Ausland beheimateten Fonds. Auch das soll Kosten sparen.
Mit der wachsenden Internationalisierung werden die nationalen Aufsichtsbehörden den KAG nun auch im Ausland auf die Finger schauen. Ein Fonds, der in Österreich von einer französischen Fondsgesellschaft aufgelegt wird, könnte dann also auch in Frankreich von der FMA geprüft werden.
Was Sie beachten sollten bei... dem neuen Investmentfondsgesetz
Tipp 1
Beipackzettel. In dem „Kundeninformationsdokument“ werden auf zwei A4-Seiten alle wesentlichen Informationen zum jeweiligen Fonds stehen. Das Risiko wird mit einem Wert zwischen eins und sieben angegeben. Das Dokument muss in der jeweiligen Landessprache verfasst sein und kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
Tipp 2
Beschwerden. Kommt es zwischen den Kunden und der Fondsgesellschaft zu Streitigkeiten, die nicht auf direktem Weg ausgeräumt werden können, kommt künftig auch ein Gang zur Schlichtungsstelle infrage. Zwar nimmt auch die FMA Beschwerden entgegen, diese darf den Kunden dann aber kaum Auskünfte über das Verfahren geben.
Tipp 3
Neue Fonds. Künftig können die Fondsgesellschaften auch eigene Fonds im Ausland auflegen. Die FMA erwartet, dass es im nächsten Jahr auch in Österreich neue Fonds geben wird. Durch die neuen Beipackzettel werden diese besser vergleichbar. Außerdem kann die FMA bei der Überwachung mit ausländischen Behörden zusammenarbeiten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2011)