Aus Angst vor der Geldentwertung stürzen sich Anleger auf Immobilien und vermieten diese. Doch die Mieteinnahmen halten nicht immer mit der Teuerung Schritt.
Wien. Reale Werte wie Immobilien sollen vor Geldentwertung schützen. Anleger stürzen sich daher regelrecht auf Wohnungen oder ganze Zinshäuser. Der Plan: Die laufenden Einnahmen sollten mit der Inflation steigen (da in den meisten Mietverträgen festgeschrieben ist, dass die Miete regelmäßig der Inflationsrate angepasst wird), und die Preise sollten sich erhöhen, sodass die Immobilie später mit Gewinn verkauft werden kann.
Letzteres, nämlich dass sich die Preise erhöht haben, ist in den vergangenen Jahren passiert. Zumindest in den Ballungszentren. Neue Wiener Eigentumswohnungen haben sich in den vergangenen zehn Jahren um jährlich vier Prozent verteuert. Auch nach Abzug der Inflation ergibt das real ein Plus von knapp zwei Prozent. Das zeigen Berechnungen der Schoellerbank anhand des jüngsten Immobilienpreisspiegels der Wirtschaftskammer. Salzburger Eigentumswohnungen verteuerten sich noch stärker, nämlich nominell um 5,27 Prozent oder real um 3,16 Prozent pro Jahr.
So viel bekommt man mit keinem Sparbuch. Das Problem: Auch die Wohnungskäufer konnten meist nicht so viel einstreifen. Sie mussten beim Kauf etwa zehn Prozent an Nebenkosten draufzahlen (für Grunderwerbssteuer, Grundbucheintragungsgebühr, Notar, Makler, Anwalt, Steuerberater etc.). Beim Verkauf müssen sie seit dem vergangenen April 25 Prozent des Verkaufsgewinns an den Fiskus abführen. Das lässt die reale Wertsteigerung deutlich schrumpfen.
Teure Mieten steigen langsamer
Vergleicht man die Entwicklung der Mieten bei Neuabschluss, so gab es in den vergangenen zehn Jahren nur in Salzburg reale Zuwächse. In Wien und Linz blieb die Entwicklung hinter der Teuerung zurück. Wie ist das möglich, da doch Mieten regelmäßig der Inflation angepasst werden? Die Schoellerbank-Experten erklären das mit „dem Umstand, dass es den Vermietern oft wichtiger ist, die Wohnung vermietet und keine Leerstandskosten zu haben, als auf Biegen und Brechen hohe Mieterträge zu erzielen.“
Bei den verglichenen Mieten handelt es sich nämlich um frei vereinbarte Neubaumieten, wie sie zumeist in Vorsorgewohnungen verlangt werden und die oft höher sind als im Altbau, wo die Miethöhe gesetzlich gedeckelt ist.
Leerstände schmälern Ertrag
Verlangen zu können, was man will, klingt aus Vermietersicht gut. Doch spiegeln auch die Kaufpreise häufig schon die Erwartung wider, dass man auf dem freien Markt höhere Mieten verlangen kann. Und nicht immer erfüllt sich diese Erwartung. Für Käufer von Vorsorgewohnungen, denen der Anbieter eine Prognoserechnung vorlegt, bedeutet das: Ist die Miete in Relation zu vergleichbaren Wohnungen zu hoch, schaut die Rendite nur auf den ersten Blick üppig aus.
Tatsächlich erzielt man sie nur, wenn die Wohnung möglichst durchgehend vermietet wird und die Miete regelmäßig der Inflation angepasst wird. Steht die Wohnung leer, entgehen einem Einnahmen, auch besteht die Gefahr, dass ein neuer Mieter nicht so viel zahlen will und man ihm preislich entgegenkommen muss. Die Schoellerbank-Experten raten, sich vor dem Kauf auch über Flächenwidmungen, geplante Bauvorhaben und Bauvorschriften zu informieren. „Durch die sinkenden Renditen wird es immer wichtiger, sehr selektiv und kontrolliert bei der Auswahl des Investitionsobjektes vorzugehen. Wenn man sich nicht sicher ist über den baulichen Zustand der Immobilie oder über die steuerlichen Auswirkungen, sollte man sich unbedingt mit Spezialisten zusammensetzen und die offenen Fragen klären“, heißt es in der Aussendung der Bank.
Sandra Bauernfeind, Karin Fuhrmann, Erland Pirker und Stephan Verweijen warnen im neu erschienenen Buch „Vorsorgewohnungen“ (Manz-Verlag) vor weiteren Fallen: So sollten Käufer einer Vorsorgewohnung eigene ausgefallene Vorlieben hintanstellen und darauf achten, dass die Wohnung einen möglichst breiten Mieterkreis anspricht. Gut vermieten ließen sich Wohnungen in zentraler Lage oder in Grünlage. Da es dort aufgrund der hohen Grundstückspreise kaum neue Projekte gibt, sehen sich viele Käufer auf dem Sekundärmarkt um und erwerben gebrauchte Eigentumswohnungen.
Ob man sich um Kauf, Vermietung, Verwaltung und Steuern selbst kümmert oder Profis beauftragt, ist Geschmackssache: Dienstleistungen kosten Geld, sparen aber Arbeit und Ärger. Gar keine Dienstleister zu beauftragen, sei allerdings nur für Profis ratsam, meinen die Autoren. „Hier lauert oft die Gefahr, dass wichtige Stichtage (wie z.B. Mietenindexierungen etc.) übersehen werden.“
Will man als Unternehmer Steuervorteile (etwa den Vorsteuerabzug) lukrieren, muss man in 20 Jahren einen „Totalgewinn“ erzielen (das Geschäft muss sich rechnen). Je höher die Eigenmittel, desto leichter schafft man das. Ein hoher Fremdmittelanteil hat andere Vorteile: Man kann höhere Anfangsverluste geltend machen und Steuer sparen. [iStockphoto]
Was Sie beachten sollten bei... Vorsorgewohnungen
Tipp 1
Prognosen. Ob sich eine Vorsorgewohnung rechnet, hängt auch von der Miethöhe ab, die den Annahmen zugrunde liegt. Ist diese in Relation zu vergleichbaren Wohnungen zu hoch (Immobilienpreisspiegel geben Auskunft), ergibt sich optisch eine schöne Rendite. Tatsächlich lässt sich diese nicht erzielen, wenn die Wohnung oft leer steht. Dann erfüllt sich die Erwartung nicht.
Tipp 2
Mieterhöhungen. Ein häufig angeführtes Argument für Immobilien als Inflationsschutz ist die Tatsache, dass in den meisten Mietverträgen eine Anpassung der Mieten an die Inflation vereinbart ist. So sollten die Einnahmen mit der Teuerung Schritt halten. Das gilt jedoch nur bei bestehenden Mietverträgen. Zieht ein neuer Mieter ein, muss er erst bereit sein, eine Miete in gleicher Höhe zu zahlen.
Tipp 3
Wertsteigerung. In den vergangenen Jahren haben sich innerstädtische Immobilien im Schnitt stärker verteuert als die Inflation. Sie haben also real an Wert gewonnen. Dieser Trend kann sich jedoch in Zukunft abflachen. Auch die Spesen beim Kauf sowie die im vergangenen April eingeführte Wertzuwachssteuer beim Verkauf von Immobilien knabbern die Verkaufsgewinne an.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2012)