Aktiencrash oder Mega-Aufschwung?

File photo of emblems of German car Mercedes-Benz at the production line of the Mercedes-Benz S-class in Sindelfingen
File photo of emblems of German car Mercedes-Benz at the production line of the Mercedes-Benz S-class in SindelfingenREUTERS
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Warum die europäischen Börsen keine schlechten Karten haben, und wie China den Kurs des Autoherstellers Daimler beflügelt.

Steht in Europa ein Aktiencrash bevor, oder stehen wir unmittelbar vor einem neuen Mega-Aufschwung? Je länger die relativ volatile Seitwärtsbewegung an den wichtigsten Märkten dauert, desto abenteuerlicher gehen die Expertenprognosen auseinander. In der vergangenen Woche konnte man beispielsweise in einer deutschen Fachzeitschrift die Expertenmeinung lesen, dass der deutsche Leitindex DAX wohl um 50 Prozent einbrechen werde. Gleichzeitig war in einem Konkurrenzprodukt ein Fachmann am Wort, der gerade im DAX den Start einer neuen „Mega-Rallye“ zumindest für möglich hielt.

Nun: Kurzfristig wird wohl keines von beiden eintreten. Es gibt aber (so die Ukraine-Krise nicht außer Kontrolle gerät) einige Anzeichen dafür, dass eine gewisse Beruhigung eintritt. Ein Hinweis ist das Faktum, dass der Goldpreis trotz Ukraine-Turbulenzen nicht von der Stelle kommt (siehe unten stehende Geschichte). Einen anderen liefert die EZB: Die signalisiert ja immer stärker, dass sie den Liquiditätshahn nicht nur weiter offen halten, sondern sogar noch weiter aufdrehen könnte. Der nächste (und letztmögliche) Zinsschritt, nämlich die Senkung des Leitzinssatzes um den verbliebenen Viertelprozentpunkt, ist ja recht deutlich für den Sommer in Aussicht gestellt worden.

Die EZB macht aus konjunkturellen Gründen in nächster Zeit geldpolitisch also ziemlich genau das Gegenteil dessen, das die Fed vorhat. Zumindest in Europa könnte die liquiditätsgetriebene Börsen-Hausse also wieder in Gang kommen. Das große Fragezeichen ist wie gesagt die Ukraine. Eine Eskalation dort würde die österreichische und die deutsche Wirtschaft besonders hart treffen – und damit ausgerechnet die beiden Aktienmärkte, auf denen heimische Anleger am aktivsten sind.

Obwohl die Vorzeichen derzeit trotz des aktuellen Dow-Jones-Rekords also für europäische Börsen besser stehen als für amerikanische (die unter dem Tapering der Fed leiden werden), und obwohl in den USA vor allem dem überbewerteten Tech-Sektor an der Nasdaq gerade die Luft ausgeht, lohnt sich zurzeit ein Blick über den Atlantik auf einen der größten Nasdaq-Werte: Apple (ISIN US0378331005), ein alter Bekannter auf dieser Seite, steht vor zwei entscheidenden Schritten: einem Aktiensplit und einer möglichen Aufnahme in den amerikanischen Blue-Chip-Index Dow-Jones – immer noch der Weltleitindex schlechthin.

Beides wird dem Aktienkurs zumindest nicht schaden. Der Split im Verhältnis 1:7 ist für den 2. Juni angesetzt. Aus einer bestehenden Apple-Aktie werden dann sieben, statt knapp 600 Dollar wird ein Apple-Anteil dann also rund 85 Dollar kosten. Kleinanleger greifen bei optisch billigeren Aktien leichter zu als bei teuren, das hilft der Liquidität auf die Sprünge.

Apple ist nach dem Absturz seit Sommer des Vorjahres eindrucksvoll von 400 auf 600 Dollar hochmarschiert, steckt derzeit aber gerade in einer kleinen Konsolidierung. Die momentane Schwäche könnte die letzte Möglichkeit bieten, Apple für weniger als 600 Dollar zu bekommen. Denn insgesamt zeigt der Trend klar nach oben.

Ein Korrekturschnäppchen bietet zurzeit übrigens auch der (hier ebenfalls schon öfters empfohlene) chinesche Solarwert JinkoSolar (ISIN US47759T100). Der ist von den Problemen der chinesischen Konkurrenz zwar weitgehend unberührt, aber nach dem Motto „Mitgefangen, mitgehangen“ an der Börse unverdient tief heruntergeprügelt worden. Das sieht nach einer Gelegenheit aus.

In Deutschland sind die Analysten derzeit von der Aareal Bank (ISIN DE0005408116) äußerst angetan. Die zieht seit Längerem wie mit der Schnur gezogen nach oben. Nach einer leichten Atempause steht jetzt ein neuer Kursschub an. Zuletzt hat die Commerzbank ihre Einstufung auf „Buy“ verbessert und das Kursziel auf 39 Euro angehoben. Das wären rund 20 Prozent mehr als der aktuelle Kurs.

Gut sieht momentan auch das Papier des Stuttgarter Premium-Autoherstellers Daimler (ISIN DE0007100000) aus. Der deutsche Konzern feiert gerade Mercedes-Absatzerfolge in China, dem Automarkt mit dem größten Potenzial, und beeindruckt damit Analysten. Das Papier gilt als „Kauf“, die Kursziele liegen zwischen 70 und 74 Euro. Zuletzt hat sich die Commerzbank auf 72 Euro festgelegt. Das ist ein Potenzial von bis zu zehn Prozent. Für ein schweres „DAX-Schlachtschiff“ nicht so schlecht.

josef.urschitz@diepresse.com 

diepresse.com/money

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2014)

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