Die abgelaufene Börsenwoche ist nicht nach dem Geschmack der Anleger gelaufen

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Warum bei der anlaufenden IPO-Welle eine Portion gesunder Skepsis nicht schaden kann und Morphosys gute Karten hat.

Seitwärts in den USA, leicht abwärts in Deutschland und Österreich: Die abgelaufene Börsenwoche ist nicht ganz nach dem Geschmack der Anleger gelaufen. Allerdings: Angesichts des eskalierenden Sanktionen-Theaterdonners zwischen der EU und Russland und in Hinblick auf die immer düsterer werdende Konjunkturlage haben sich die Märkte gar nicht so schlecht gehalten.

In nächster Zeit dürfte sich die Lage zumindest nicht wesentlich verschlechtern, denn es kommen zwei sehr gut wirkende Stimmungsaufheller zum Einsatz: Die EZB ist ja gerade dabei, die Liquiditätsschleusen noch weiter aufzumachen. Das ist zwar auch eine gute Voraussetzung für eine gefährliche Blasenbildung, aber kurzfristig nützt es den Kursen jedenfalls. Und in Deutschland und den USA steht eine Reihe von teils spektakulären Börsegängen an, die Aktien generell zusätzliche Aufmerksamkeit bescheren sollten.

Den Beginn macht in der kommenden Woche der chinesische Internet-Gigant Alibaba, der voraussichtlich am kommenden Freitag erstmals in New York notieren wird. Der wahrscheinlich größte Börsengang aller Zeiten mit rund 20 Mrd. Dollar IPO-Volumen wird wohl auch zu einem Medienereignis werden.

Voraussichtlich am 1. Oktober wird der Internet-Händler Zalando erstmals an der Frankfurter Börse notieren, und ein paar Wochen später folgt dann der deutsche „Start-up-Inkubator“ Rocket Internet.

Eine Gelegenheit, zuzuschlagen? Vielleicht. Ich selbst bin bei IPOs immer ein wenig skeptisch. Die Ausgabepreise sind klarerweise immer an der Obergrenze des Möglichen angesetzt, es hat ja niemand etwas zu verschenken. Und ob sie tatsächlich gerechtfertigt sind, zeigt sich erst in den folgenden Handelswochen. Die Erfahrung, dass man beim IPO mitunter reichlich teuer kauft, haben in den vergangenen Jahren viele Kleinanleger gemacht. Das gilt selbst bei Papieren, die sich nach einer Durststrecke recht prächtig entwickelt haben, wie etwa Facebook. Auch diesen Wert hätte man in den IPO-Folgewochen wesentlich günstiger bekommen als am Ausgabetag. Und die besonders bei gefragten Internet-Aktien früher nicht unüblichen hohen Gewinne am Ausgabetag bleiben Kleinanlegern ohnehin verwehrt: Bei sehr gefragten IPO-Papieren schauen sie bei der Zuteilung normalerweise durch die Finger. Die Strategie lautet also, vor einem Engagement die ersten Handelstage abzuwarten, um zu sehen, wohin die Reise geht.

Rein fundamental sieht Alibaba hervorragend aus: Der Konzern beherrscht 80 Prozent des stark wachsenden chinesischen E-Commerce-Geschäfts, macht hohe Gewinne und ist in einem Riesenmarkt tätig, der sich im Reich der Mitte in den kommenden zwei Jahren verdoppeln könnte. Aber diese Daten werden im Ausgabepreis wohl schon berücksichtigt sein.

Unterdessen könnte man sich die Aktien jener Unternehmen ansehen, die von diesen IPOs besonders profitieren, weil sie an den Börsekandidaten beteiligt sind und deshalb beim Börsengang mit abcashen. Bei Alibaba ist das der mit 24 Prozent beteiligte US-Internet-Konzern Yahoo(ISIN US9843321061). Bei Zalando und Rocket Internet die börsenotierte schwedische Beteiligungsgesellschaft Investment AB Kinnevik(ISIN SE0000164626), die an beiden Börsekandidaten Anteile hält. Charttechnisch sieht die Kurskurve von Yahoo ehrlich gesagt schöner aus.

In China entwickelt sichnoch ein anderer Milliardenmarkt prächtig: der für Solarzellen. Die Chinesen haben die Produktion ja fast schon monopolisiert. Es gibt natürlich auch dort eine Menge Unternehmen, an denen man als Anleger lieber nicht anstreifen sollte. Aber auch viele, die sich gut entwickeln. Nicht nur die an dieser Stelle schon mehrmals empfohlene Jinko Solar, die zuletzt hohe Kursgewinne lieferte. Auch Konkurrent Ja Solar (ISIN US4660902069) hat im vergangenen Monat gut 20 Prozent zugelegt. Analysten trauen den Chinesen auf Jahressicht noch eine Kursverdoppelung zu.

Stark aufgezeigt hat in der abgelaufenen Woche der deutsche Biotech-wert Morphosys (ISIN DE0006632003). Der Grund ist nicht nur charttechnischer Natur. Das Unternehmen hat in der Vorwoche ein Kooperationsabkommen mit einem US-Unternehmen über die Vermarktung eines vielversprechenden Prostatakrebs-Mittels abgeschlossen. Das verschafft dem Papier Schwung, der noch anhalten dürfte.

josef.urschitz@diepresse.com

diepresse.com/money

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2014)

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