Der Börsenfrühling ist noch nicht auf dem Höhepunkt

The Boeing 747-8 Intercontinental takes off on its maiden flight from Paine Field, in Everett, Washington
The Boeing 747-8 Intercontinental takes off on its maiden flight from Paine Field, in Everett, WashingtonREUTERS
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Warum der Börsenfrühling noch nicht auf dem Höhepunkt ist und Boeing seine Flughöhe noch einmal steigert.

Rundum gelungen kann man die vergangenen Tage auf den Märkten bezeichnen. Das trifft auch auf die an dieser Stelle besprochenen Aktien zu: Die zuletzt besprochenen Papiere (Airbus, Amazon, Visa) liegen nach zehn Handelstagen zwischen 4,5 und 7,5 Prozent im Plus, das eine Woche vorher besprochene (und zum spekulativen Einstieg empfohlene) Twitter-Papier hat schon mehr als 20 Prozent zugelegt.

Ein schöner Start ins neue Jahr, den wir aber nicht überbewerten wollen. Die Flut hebt, wie ein Börsenkalauer sagt, alle Boote. Und derzeit haben wir ganz eindeutig Flut. Die Gründe dafür sind in unten stehender Geschichte angeführt: leichte Entspannung in der Ukraine, die Hoffnung, dass ein Grexit doch vermieden werden kann, bessere Konjunkturaussichten in Deutschland und die bereits in Stellung gebrachte Liquiditäts-Bazooka der EZB. Dazu kommt, dass speziell amerikanische Technologiekonzerne im Schnitt erstaunlich robuste Ergebnisse abliefern, was zuletzt zu einem richtigen kleinen Tech-Boom an der Nasdaq geführt hat.

Die Flut hebt also gerade alle Boote, aber sie hat ihren Scheitelpunkt noch nicht erreicht. Es besteht also noch kein Grund, sich übertrieben Sorgen zu machen. Allerdings sollte man als Aktionär die Weltnachrichten jetzt noch ein bisschen genauer verfolgen als sonst. Denn das mit der weiter steigenden Flut trifft natürlich nur zu, wenn nicht Putin oder Tsipras unbedacht den Stöpsel ziehen. Sollte die Ukraine-Krise trotz der jüngsten Einigung wieder eskalieren oder die zarte Annäherung der neuen griechischen Regierung an ihre Geldgeber wieder rückgängig gemacht werden, dann wird es kurzfristig schon Turbulenzen geben. Darauf sollte man vorbereitet sein.

Einen nicht unbeträchtlichen Schub hat zuletzt auch der stark gesunkene Ölpreis gebracht. Besonders Fluggesellschaften und deren Lieferanten, die Flugzeugbauer, haben davon profitiert. Die Befürchtungen, dass die Airlines den gesunkenen Ölpreis dafür nützen, Flugzeugorders hinauszuschieben und mit den alten Spritsäufern noch eine Weile weiterzufliegen, haben sich zumindest bisher nicht bewahrheitet. Und jetzt ist der Ölpreis schon wieder moderat am Steigen.

Die vor zwei Wochen hier besprochene Airbus-Aktie hat das ein wenig gebremst, sie liegt aber trotzdem deutlich im Plus. Noch besser geht es an der Börse derzeit freilich dem großen amerikanischen Konkurrenten Boeing (ISIN US0970231058). Der hat im vorigen Geschäftsjahr ein Rekordergebnis abgeliefert und damit den in den vergangenen Monaten etwas eingefrorenen Kurs wieder in Fahrt gebracht. Fazit: knapp 14 Prozent Zuwachs seit Mitte Jänner.

Heuer erwarten die Amerikaner ein anhaltend gutes Geschäft. Die Zahl der ausgelieferten Flugzeuge soll um rund 30 auf 750 gesteigert werden. Das dürfte die leichten Schwächen im Militärgeschäft mehr als kompensieren. Das Boeing-Papier eignet sich recht gut als Anker im Depot, gewaltige Kursexplosionen sollte man sich, wie bei allen großen Schlachtschiffen der Börse, nicht erwarten.

Schärfer nach oben gehen könnte es mit VW Vorzugsaktien (ISIN DE0007664039). Das Papier hat sich vom Einbruch im vorigen Herbst wieder erfangen und hält sich seither an das alte VW-Motto („Läuft und läuft und läuft“). Vor wenigen Tagen hat es das alte Hoch geknackt, was charttechnisch als Freifahrtschein nach oben gilt. Analysten trauen dem Papier, das in den vergangenen vier Wochen um gut 17 Prozent gestiegen ist, einen weiteren Anstieg um bis zu 20 Prozent zu. Das sieht nicht so schlecht aus.

Neuigkeiten gibt es auch von unserem alten Bekannten Apple (ISIN US0378331005): Der Investor Carl Icahn hat vor Kurzem eine Berechnung angestellt, die den fairen Wert der trendigen Computeraktie mit 216 Dollar taxiert. Am Freitag notierte das Papier in der Gegend von 126 Dollar, da wäre also noch ordentlich Luft. Der faire Wert ist an der Börse zwar eine eher theoretische Zahl, die 216 Dollar sind also nicht als kurzfristiges Kursziel anzusehen. Aber enormes Potenzial signalisiert das trotzdem. Und Apple ist ohnehin ein Dauerbrenner: An dieser Stelle ist die Aktie erstmals im März 2009 empfohlen worden – bei einem Kurs (Aktiensplit berücksichtigt) von 14,2 Dollar. Wer damals zugeschlagen und das Papier behalten hat, hat den Wert dieser Aktienposition im Depot in knapp sechs Jahren verneunfacht.

josef.urschitz@diepresse.com

diepresse.com/money

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2015)

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