Empfehlungen für Zeitgenossen, die auf ihr Geld schauen

Aktiensplits kamen in den vergangenen Jahren zunehmend aus der Mode. Der Baukonzern und Top-Performer Porr greift nun dennoch in die preisliche Trickkiste.

Der Mensch lebt nicht nur vom Substanziellen. Ein beträchtlicher Teil des Lebens – so unter anderem in der Vermögensverwaltung– besteht auch aus Psychologie. Im Wissen darum hantiert der österreichische Baukonzern Porr derzeit an seiner Aktie. Wie die Hauptversammlung des Unternehmens am Mittwoch beschloss, wird man die Aktien splitten. Konkret kam man überein, aus einer bestehenden Aktie zwei zu machen, wodurch deren Anzahl auf 29.095.000 erhöht wird. Voraussichtlich Ende Juni sollen die Aktien aus dem Split eingebucht und der Kurs an der Wiener Börse umgestellt werden.

Für den, der investiert ist, ändert sich an den Besitzverhältnissen nichts. Die verdoppelten Anteile zum halben Preis ergeben unter dem Strich dieselbe Summe. Für den, der neu einsteigt, sieht das Papier hingegen billiger und damit attraktiver aus. „Der beschlossene Aktiensplit wird zur Liquidität beitragen“, erklärt Karl-Heinz Strauss, CEO der Porr, denn auch in einem Statement. „Die Porr-Aktie wird damit einfacher handelbar.“

Kleinanleger im Visier. Aktiensplits sind naturgemäß für Kleinanleger interessant. Institutionellen Investoren ist es nämlich egal, ob der Preis hoch wirkt, solange das Papier Aufwärtspotenzial hat. Für Kleinanleger indes kann die optische Verbilligung die Kaufentscheidung beeinflussen. „Das ist rational nicht begründbar“, erklärt Kleinanlegervertreter Wilhelm Rasinger. „Aber psychologisch kann es mittel- bis langfristig einen Effekt haben. Die Anleger glauben, mehr Aktien zu einem günstigen Preis zu bekommen.“ Vor allem Firmen, die gut wachsen und deren Kurs sich gut entwickelt habe, würden gern zu diesem Trick greifen, so Rasinger: „Das Unternehmen bringt sich so außerdem ins Gespräch. Ohne viel Werbung beginnen die Leute, sich mit der Aktie zu beschäftigen.“

Auch die Porr hat heuer bereits beeindruckend um knapp 50 Prozent zugelegt und ihre Anleger auch noch dadurch verwöhnt, dass sie sie nach der vorjährigen Abspaltung der Immobiliensparte mit einer Aktie des Developers UBM bedacht hat. Aktuell notiert die Porr bei 59,97 Euro. Nach dem Split werden es also etwa 30 Euro sein. Psychologisch offenbar ideal, so Rasinger: Beobachtungen zufolge stellen 20 bis 50 Euro eine attraktive Preisbandbreite dar, die wahrgenommen werde.

Grosso modo sind Aktiensplits übrigens aus der Mode gekommen. Das vor allem deshalb, da sich der Anteil der institutionellen Anleger seit 1980 verdoppelt hat, wie etwa eine Studie von Marshall Blume und Donald Keim von der Universität Pennsylvania belegt. Längst überwiegen sie die Bedeutung der Kleinanleger.

Auch in Österreich sind Aktiensplits rar. Zuletzt splitteten 2012 der Anlagenbauer Andritz und die UBM ihre Anteilscheine im Verhältnis 1:2. 2010 griff der Faserhersteller Lenzing zu diesem Manöver – mit einem Verhältnis von 1:7.

Wenn schon jemand einen Aktiensplit vornehmen sollte, dann laut Rasinger der oberösterreichische Fahrzeugzulieferer Miba, dessen Aktie mit aktuell 470 Euro teuer wirkt. Außerdem die Linz Textil Holding, die momentan für 447 Euro gehandelt wird.

Buffet und Apple. Freilich ist das immer noch nichts im Vergleich zu Berkshire Hathaway des 84-jährigen Börsenfuchses Warren Buffett. Zumindest die Class-A-Aktie hat es mit aktuell 211.560 Dollar (190.468 Euro) in sich. Obwohl er oftmals zu einem Split gedrängt wurde, nahm Buffett davon Abstand und kann so auf die gigantische Wertentwicklung seit Auflegung verweisen, weshalb ein deutsches Börsenmagazin von einer „Protzaktie“ sprach. Stattdessen hat Buffett für Kleinanleger eine B-Aktie aufgelegt, die für 126,7 Euro zu haben ist. Psychologisch der gleiche Trick wie ein Split.

Bemerkenswert ist übrigens, dass beim Dow Jones im Unterschied zu anderen Indizes der Kurs- und nicht der Marktwert über eine Aufnahme entscheidet. Daher bleiben manche Konzernschwergewichte draußen. Und daher hat der größte börsenotierte Konzern, Apple, im Vorjahr seine Aktie im Verhältnis 1:7 gesplittet. Heuer wurde Apple in die 30 Dow-Jones-Konzerne aufgenommen. Das Papier sieht mit 115,8 Euro nun günstig aus.

Freilich, ob jenseits oder diesseits des Atlantiks: Rasinger mahnt Kleinanleger allemal zur Vernunft. „Die Leute sollen nicht glauben, sie bekommen durch einen Aktiensplit etwas geschenkt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2015)

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