Warum an den Börsen eine Richtungsentscheidung ansteht

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Und der Hype um dieTesla-Aktie vorerst mit Vorsicht genossen werden sollte.

Insgesamt ist der März an den Börsen gar nicht so schlecht gelaufen, wobei außerhalb der USA freilich nur vorhergehende Einbrüche teilkompensiert wurden. Allerdings gehen die Kurse schon seit Mitte des Monats im Prinzip nur noch seitwärts. Jetzt droht kurzfristig gar ein Ausbruch nach unten.

Sehr schön abzulesen ist das am in Mitteleuropa dominierenden deutschen Leitindex DAX. Er hat nach tagelangem Zickzack die Untergrenze seines vor mehr als einem Monat ausgebildeten charttechnischen Aufwärtstrendkanals erreicht – und steht nun vor der Richtungsentscheidung. Bricht der Index hier nach unten aus, dann wird es kurzfristig wohl wieder abwärtsgehen. Analysten schließen in diesem Fall einen Rücksetzer um bis zu zehn Prozent nicht aus.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es nach unten geht, ist jedenfalls deutlich höher als jene, dass es wieder zu einem Aufwärtsschwung kommt. Vor allem die Großanleger trauen dem Zwischenaufschwung offenbar nicht so recht und beginnen, massiv abzuverkaufen, sobald markante Chartmarken erreicht werden. Auch das kann man sehr schön am DAX ablesen: Er hat in den vergangenen Wochen siebenmal Anläufe gemacht, die 10.000er-Marke zu überspringen – und jedes Mal die Latte gerissen. Der letzte Versuch ist erst ein paar Tage alt und hat mit einem relativ markanten Absturz im Freitagsfrühhandel sein Ende gefunden.

Das hat seinen Grund freilich nicht nur in der Charttechnik. Sondern auch das fundamentale Umfeld ist derzeit nicht dazu angetan, Anlegerherzen höher schlagen zu lassen. Die veröffentlichten Konjunkturdaten der wichtigsten Industrieländer sind weiter eher durchwachsen. Der Ölpreis ist wieder unter Druck, was ebenfalls nicht auf sehr starke Wirtschaftstätigkeit hindeutet. Der Euro zeigt gegenüber dem Dollar unerwartete Stärke, was wiederum der exportorientierten europäischen Industrie Sorgen bereitet. Exportorientierte Industrieunternehmen stellen nun einmal das Gros der börsengehandelten Aktien. Kurzum: Auch wenn es in den vergangenen Wochen einen netten Zwischenaufschwung gegeben hat, sind beim Aktienkauf weiterhin erhöhte Vorsicht und Zurückhaltung anzuraten.

Dabei ist gerade wieder ein ordentlicher Hype unterwegs: Der E-Autopionier Tesla(ISIN US88160R1014) hat am Freitag sein Mittelklasseauto „Model 3“ vorgestellt, das mit einem US-Preis von 35.000 Dollar (in Europa wird wohl zumindest ein Vierer vorn stehen) auch für gehobenere Normalverdiener interessant werden soll und damit den Massenmarkt für automobile E-Mobilität öffnen könnte. Tesla ist ein riesiger Marketinghype à la Apple gelungen. In den ersten Stunden gab es schon 115.000 Vorbestellungen – für ein Auto, das frühestens 2017 ausgeliefert wird.

Die Börse hat das mit einem vorbörslichen Sprung der Tesla-Aktie um fast acht Prozent gefeiert. Das Papier war schon im Vorfeld der Präsentation seit dem 10. Februar von 143 auf 230 Dollar gestiegen – wobei es in den sieben Monaten davor freilich von 282 auf 143 Dollar gefallen war. Das zeigt schon, mit welchen Schwankungen Tesla-Aktionäre leben müssen.

Kann man noch einsteigen? Ja, wenn man weiß, was man tut. Denn Tesla ist ein einziges Marketingversprechen. Man kauft ein Unternehmen, das in seiner 14-jährigen Geschichte noch nie Gewinn gemacht hat und dessen Schuldenberg an der Milliardengrenze kratzt. Geht die Rechnung von Tesla-Gründer Elon Musk auf, dann kann das „Model 3“ durchaus zum automobilen iPhone werden. Geht sie nicht auf, weil beispielsweise endlich auch die schlafende deutsche Konkurrenz aufwacht, dann hat man leider eine riesige Blase gekauft. Also risikoavers sollte man als Tesla-Aktionär nicht sein.

Zurückhaltung ist auch bei einem anderen Highflyer der vergangenen Tage geboten: Die Aktie des LED-Zulieferers Aixtron(ISIN DE000A0WMPJ6) hat in der vergangenen Woche sehr stark zugelegt und sich auch am schwachen Freitag gut behauptet. Fundamentale Gründe dafür gibt es freilich nicht. Der Kurs wird von nebulösen Übernahmespekulationen getrieben.

Ein besserer Tipp könnte die deutsche SMA-Solar(ISIN DE000A0DJ6J9), ein Produzent von Wechselrichtern für Solaranlagen, sein. Sie hat in der vergangenen Woche mehrere Kaufempfehlungen ausgefasst.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2016)

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