Neuengagements sind ein Spiel mit dem Feuer

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Warum Neuengagements jetzt ein Spiel mit dem Feuer sind und weshalb das nicht für Goldminenaktien gilt.

Seit Mitte vergangener Woche geht es an den Märkten vergleichsweise steil bergab – und das ist wahrscheinlich nur der Auftakt für eine relativ turbulente Zeit. Alle Signale deuten jedenfalls darauf hin, dass der Tiefpunkt mit den relativ scharfen Kurseinbrüchen am Freitag noch nicht erreicht wurde.

Die Handlungsempfehlung für Aktionäre fällt deshalb heute kurz aus: Derzeit sollte man eher überlegen, wie man angefallene Gewinne absichert, als mit welchen Werten man long geht. Die Profis tun das bereits, wie man an der Kursentwicklung ablesen kann. Neuengagements sind jetzt ein Spiel mit dem Feuer – und sollten unterbleiben. Generell ausgenommen sind davon lediglich Goldminenwerte.

An diesem Szenario wird sich zumindest in den kommenden eineinhalb Wochen, bis zur EU-Abstimmung in Großbritannien, nichts ändern. Dort spitzt sich die Lage nämlich eindeutig zu. Brexit-Befürworter haben aufgeholt, und es sieht derzeit ganz nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen aus. Sich da im Vorfeld long zu positionieren kann aus jetziger Sicht mit gut 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit ins Auge gehen. Das ist keine Basis für eine erfolgreiche Anlageentscheidung. Kein Wunder, dass jetzt nicht wenige Analysten meinen, man sollte kurzfristige Zwischenerholungen der Kurse eher für Verkäufe nutzen.

Zumal ja der drohende Brexit nicht die einzige Unsicherheit für die Märkte bedeutet. Aus China beispielsweise gibt es durchaus Signale, dass der Markt für sogenannte A-Aktien noch einmal saftig nachgeben könnte. Die dürfen von Ausländern zwar nicht gekauft werden, aber man hat schon einmal sehr schön beobachten können, wie Turbulenzen auf dem chinesischen Inlandsmarkt das ganze Weltfinanzsystem zum Frösteln bringen können.

Zudem zeigt sich immer mehr, dass die Nullzinspolitik der EZB ohne flankierende wirtschaftspolitische Reformen nicht wirkt. Die Eurozone ist also dabei, die Basis für durchaus heftige Verwerfungen zu legen, falls die Eurozonenpolitik das nicht in den Griff bekommt.

Die Aussicht auf ein langes Anhalten der Nullzinsphase bringt ja den Finanzsektor selbst schon auf seltsame Gedanken. So hat etwa die deutsche Commerzbank in der Vorwoche angekündigt, sie werde wegen negativer Einlagenzinsen bei der EZB künftig hohe Bargeldbestände in ihren Tresoren bunkern. Eine Ansage, die gleich einmal den Euro unter Druck gebracht hat.

Und am Horizont sieht man zumindest die Möglichkeit eines Siegs des republikanischen Brachialkandidaten, Donald Trump, bei den US-Präsidentschaftswahlen im Herbst. Auch das hat viel Turbulenzpotenzial.

Mit anderen Worten: Börsianer müssen sich auf eher abwechslungsreiche Zeiten einstellen. Es muss nicht so dick kommen, und es kann immer wieder Zwischenerholungen geben, aber zumindest vor der Brexit-Abstimmung sollte man Anteilspapiere eher nicht angreifen.

Das gilt ausdrücklich nicht für Aktien aus dem Goldbereich, denn das Edelmetall profitiert nicht nur sichtlich von den geopolitischen Unsicherheiten, es ist offenbar wirklich dabei, zu drehen und nach langen Jahren der Dürre wieder in einen Bullenmarkt einzutreten.

Mit ausgewählten Goldminenaktien wird man in nächster Zeit also wahrscheinlich wenig falsch machen können. Das gilt auch für jene, die den ersten Schwung – Kursanstiege von weit über 100 Prozent seit Jahresbeginn – versäumt haben. Denn der vorangegangene dramatische Kellersturz hat die Unternehmen zu umfangreichen Rationalisierungen gezwungen – sie sind für den Wiederaufschwung also bestens aufgestellt. Und, ganz nebenbei, noch Lichtjahre von alten Höchstständen entfernt.

Ansehen kann man sich in diesem Zusammenhang etwa die hier schon besprochene Barrick Gold (ISIN CA0679011084). Ein guter Kauf wäre wahrscheinlich aber auch die Newmont Mining Corp. (ISIN US6516391066), der Analysten trotz des schon stark gestiegenen Kursniveaus noch locker eine Kursverdoppelung zutrauen. Als leicht unterbewertet im Branchenvergleich gilt die Aktie der Anglogold Ashanti Ltd. (ISIN US0351282068), deren Kurspotenzial auf noch gut 60 Prozent geschätzt wird.

Allerdings: Man sollte aufpassen, dass man sich hier nicht in ein Klumpenrisiko hineininvestiert. Denn Kursgarantien gibt es klarerweise nicht.

josef.urschitz@diepresse.com

diepresse.com/money

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2016)

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