„Weißrussland passt perfekt in die Strategie“

(c) APA (Robert Jäger)
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Milliarden-Deal. Die Telekom Austria kauft um 730 Mill. Euro den Mobilfunker MDC – die Börse jubelt.

wien (eid).Genf, 5.30 Uhr. Gut 20 Stunden wurde intensiv verhandelt, dann war es soweit: Telekom-Austria-Boss Boris Nemsic und der syrische Geschäftsmann Id Samawi waren Mittwochfrüh handelseins (die „Presse“ berichtete exklusiv). Die TA kauft über ihre Handy-Tochter Mobilkom von der SB Holding Samawis, an der auch der österreichische Geschäftsmann Martin Schlaff beteiligt ist, 70 Prozent am zweitgrößten weißrussischen Mobilfunker MDC um 730 Mio. Euro. Die restlichen 30 Prozent der MDC, die Samawi und Schlaff jetzt zu gleichen Teilen halten, übernimmt die Mobilkom 2010 um rund 320 Mio. Euro.

„Die MDC passt perfekt in unsere Strategie, die auf profitables Wachstum in Ost- und Südeuropa abzielt“, begründet Nemsic den Schritt in die laut USA „letzte Diktatur Europas“. Wie er das denn meine, angesichts der sensiblen politischen Lage in dem von Präsident Alexander Lukaschenko straff geführten Staat? „Ich will Politik nicht beurteilen, aber gerade in den USA ist der Telekommarkt so unterentwickelt, dass das keine Reverenz ist“, ätzt ein müder, aber zufriedener Nemsic. „Wir waren immer Frontrunner, in Kroatien, Slowenien und auch Bulgarien – die Entwicklung gibt uns Recht.“

Signal für die Öffnung

Auch Weißrussland werde sich der EU annähern. Der Verkauf der MDC könnte Lukaschenko sogar als Beweis vor der Welthandelsorganisation (WTO) für seine Bereitschaft zur Marktöffnung nützen, meinte der für Akquisitionen zuständige Erich Gnad. „Wir sind schließlich der erste private Mobilfunkbetreiber in Weißrussland.“

Für die Telekom Austria (TA) ist wichtig, dass die MDC hoch profitabel und schuldenfrei ist. Im Vorjahr machte die Gesellschaft 262 Mio. Euro Umsatz und ein Betriebsergebnis von 114 Mio. Euro. 60 Prozent Umsatzrendite (vom Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen, Ebitda, Anm.) lassen Rechtsunsicherheit und andere Risken offenbar verblassen. „MDC ist das profitabelste Unternehmen in der Telekom-Gruppe“, sagt Nemsic, der Lukaschenko noch nicht getroffen hat.

Die MDC hat mit 2,7 Mio Kunden, 42 Prozent Marktanteil und 700 Verkaufsstellen großes Wachstumspotenzial. Nur 66 Prozent der Weißrussen haben ein Handy. Die Kaufkraft liegt weit unter anderen osteuropäischen Staaten. Außerdem reicht der Arm der EU, konkret die Verordnung zur Senkung der Roaming-Tarife, noch nicht bis nach Minsk.

Ganz der „wilden Osten“ ist Weißrussland jedoch nicht, erklärte Gnad. Zwei Behörden seien für den Telekommarkt zuständig. Das regulatorische Umfeld sei allerdings noch schwach. Dass die drei konkurrierenden Mobilfunker mit der russischen MTC an der Spitze, die sich in Staatsbesitz befinden, Druck auf die MDC ausüben könnten, glaubt Gnad allerdings nicht. Das würde das Image des Landes nachhaltig verschlechtern.

Die TA wird den Deal, der sich durch den harten Euro-Kurs noch verbilligt hat – in Weißrussland wird in Dollar gezahlt – mit Krediten finanzieren. Der Kaufpreis enthält einen erfolgsabhängigen „Besserungsschein“, der bei der Übernahme der restlichen 30 Prozent fällig wird. Damit beträgt der Kaufpreis dann etwa 1,2 Mrd. Euro. Das entspricht dem 6,5fachen des Ebitda – „das ist im internationalen Vergleich günstig“, sagte Finanzvorstand Hans Tschuden.

Auf dem Finanzmarkt wurde der jüngste Expansionsschritt der TA positiv bewertet. Standard & Poor's bestätigte das Rating für die TA von BBB+, die Analysten von Bear Stearns bekräftigten ihre Anlageempfehlung „outperform“ und das Kursziel von 24 Euro. Auch die UBS blieb bei ihre „buy“-Empfehlung. Die Aktie lag mit 2,6 Prozent deutlich im Plus.

„Eine sehr gute Sache“

„Der Kaufpreis ist sehr günstig, das politische Risiko ist überschaubar, die Wachstumsaussichten sind intakt und somit ist das unter dem Strich eine sehr gute Sache“, meinte UniCredit-Chefanalyst Alfred Reisenberger zur Agentur Reuters. David Wright von JP Morgan geht davon aus, das der MDC-Zukauf schon 2008 für einen Ertragszuwachs der TA sorgen werde. Das Kapital sei besser eingesetzt als mit Aktienrückkäufen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2007)

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