Bulgaren errichten Megaskigebiete

(c) AP (Arno Balzarini)
  • Drucken

Kritiker warnen vor zu raschem Ausbau und zu hohen Erwartungen.

SOFIA. Bulgariens Wintertourismus will an eine glorreiche Vergangenheit anschließen: Schließlich stellte das Land in den 1980er-Jahren mit Petar Popangelov einen der weltbesten Skifahrer. Nach Jahren der Stagnation erlebt das Skifahren nun einen Aufschwung. Dafür werden kaum Kosten und Mühen gescheut: Zur Saisoneröffnung am kommenden Samstag in Bansko, drei Fahrstunden südlich von Sofia im Piringebirge gelegen, werden Megastars wie Janica Kostelic, Kjetil Andre Aamodt oder Marc Girardelli erwartet.

Bulgarien hat gute Voraussetzungen mit mehr als neunzig Gipfeln über 2000 Meter, darunter den höchsten Berg in Südosteuropa auf dem Balkan, den 2925 Meter hohen Mussala im Rila-Gebirge: Im vergangenen schneearmen Winter konnte hier bis April Ski gefahren werden, auch für heuer sind die Schneeprognosen vielversprechend. Nach Angaben der Bulgarischen Tourismusbehörde werden 40 Prozent der Betten in den Wintersportorten von Briten belegt, als aussichtsreiche Klientel gelten auch Russen und andere Osteuropäer sowie Griechen.

Streit wegen Privatisierung

Derzeit gibt es in Bulgarien vier größere Skigebiete: neben Bansko das Borovets im Rila-Gebirge – dort betreibt übrigens Popangelov ein Hotel –, Pamporovo in den Rhodopen und Vitoscha vor den Toren der Hauptstadt. Über dessen Privatisierung tobt ein heftiger Streit: Kritiker sprechen von „simuliertem Wettbewerb“, weil in beiden Firmen, die sich um den Zuschlag beworben haben, dieselbe Person die Geschäfte führe.

Vor zwei Wochen hatte die auf den Jungferninseln registrierte Offshore-Firma Vitoscha Ski von der Sofioter Privatisierungsagentur (SOAP) für 4,2 Mio. Euro den Zuschlag erhalten. Die unterlegene Julen AG, die das Skigebiet Bansko betreibt, hatte nur 50.000 Euro weniger geboten. Die Wirtschaftzeitung „Kapital“ kommentierte das Geschäft: „Es ist ein offenes Geheimnis, dass sowohl Vitoscha Ski als auch Julen AG vom Hauptaktionär der Ersten Investitionsbank, Tseko Minev, kontrolliert wird. Obwohl er in den Firmen nirgendwo namentlich auftaucht, ist er es, der die Entscheidungen trifft.“ Der Sprecher der SOAP reagierte gelassen: „Selbst wenn es nur einen Käufer gegeben hätte, hätte die Agentur kein Recht gehabt, das Geschäft zu stoppen.“

Im vergangenen Frühjahr hatte Vitoscha Ski von der bulgarischen Tochter der österreichischen Vereinigten Bergbahnen GmbH für 3,35 Mio. Euro zwei Skilift-Gesellschaften auf dem 2290 Meter hohen Vitoscha erworben. Nun befinden sich alle Kabinenbahnen und Skilifte des ältesten bulgarischen Skigebiets, das sich auch für die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 1992 beworben hatte, in einer Hand, was dem Skifahrer die Annehmlichkeit verschafft, mit einer einzelnen Karte das gesamte Skigebiet nutzen zu können. Österreichisches Know-how ist gefragt: Minev lässt sich vom ehemaligen ÖSV-Chef Kurt Hoch und vom Seilbahnbauer Doppelmayr beraten.

Bald zehn moderne Skigebiete

Wenige Tage vor dem offiziellen Start in die neue Skisaison haben die Skigebietbetreiber umfangreiche Investitionen in die Überholung und Errichtung von Liftanlagen sowie die Installation zusätzlicher Kunstschneekanonen bekannt gegeben. In Bansko wurde um 1,5 Mio. Euro ein neuer Vierersessellift gebaut. In Borovets sind in den nächsten drei Jahren Investitionen von 35 Mio. Euro geplant, in Pamporovo soll spätestens Anfang Februar ein neuer Sechsersessellift in Betrieb gehen.

Der stellvertretende Vorsitzende des Bulgarischen Skiverbands, Georgi Bobev, schätzt das alpine Potenzial des Landes auf zehn moderne Skigebiete. So soll bei Perelik in den Rhodopen ein neues Megaskizentrum entstehen, auch im bisher wenig erschlossenen Balkangebirge sollen neue Skigebiete entwickelt werden, eines davon könnte in einigen Jahren Serbien und Bulgarien verbinden.

All diese Projekte sind bei Umweltschützern heftig umstritten. Karl Diem, bis Herbst österreichischer Botschafter in Sofia, diagnostiziert ebenfalls eine große Gefahr – nämlich zu hohe Erwartungen. „Die Bulgaren wollten das Skigebiet Bansko in nur fünf Jahren zu dem machen, wofür Kitzbühel 100 Jahre gebraucht hat.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2007)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.