Osteuropa: Georgiens schmerzhafte Reformen

Der größte Risikofaktor im heurigen Jahr wird die Inflation sein.

Wien/Tiflis (APA/AP). Zum Auftakt der Euromoney Conferences in Wien zog der neue georgische Regierungschef Lado Gurgenidze eine durchwegs positive Bilanz der bisherigen Präsidentschaft des vor wenigen Tagen wiedergewählten Staatschefs Michail Saakaschwili.

In den Jahren 2004 bis 2007 habe die georgische Regierung tiefgreifende und schmerzhafte Strukturreformen durchgeführt. Die Steuersätze seien gesenkt und das Steuersystem drastisch vereinfacht worden, sagte der Ex-Banker, der neben der georgischen auch die britische Staatsbürgerschaft besitzt. Man habe die Importzölle beseitigt und äußerst liberale Arbeitsgesetze geschaffen. Auch die Korruption sei mittlerweile weitgehend eingedämmt.

Erfolge auf dem Stromsektor

Als einen der größten Fortschritte der vergangenen Jahre führte der Regierungschef die Sanierung des Stromsektors an. Die Stromausfälle früherer Zeiten seien vorbei. Mittlerweile könne Georgien seinen Strom sogar in andere Länder exportieren. Weder die US-Hypothekenkrise, noch steigende Energiepreise oder das Handelsembargo durch Russland konnten die georgische Wirtschaft in den vergangenen Jahren bremsen. Das zeige sich auch am unvermindert starken Zufluss ausländischer Direktinvestitionen.

Starke Regierungen gefragt

Als größte Herausforderung im heurigen Jahr nannte Gurgenidze die Bekämpfung der Inflation. Auch Marcus Svedberg, Chefanalyst bei East Capital, stößt ins gleiche Horn. 2008 bräuchten die Länder in Osteuropa starke Regierungen, um gut auf die Preiserhöhungen reagieren zu können.

Noch immer lebt ein Viertel der georgischen Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Vier Jahre seien eben nicht genug, um die Armut ganz zu beseitigen, meinte der Regierungschef. „Ich glaube aber, dass wir die Armut innerhalb der nächsten fünf Jahre beseitigen können.“ Fast ein Drittel des Budgets werde derzeit für Sozialausgaben verwendet. Das Durchschnittsgehalt in Georgien beträgt 178 Euro, das BIP pro Kopf liegt bei 1495 Euro im Jahr.

Proteste gegen Präsidenten

Auch am Dienstag kam es in Georgien wieder zu Massenkundgebungen gegen die Wahl von Saakaschwili. 30.000 Menschen protestierten gegen den Sieg des Amtsinhabers. Die Opposition rund um Lewan Gatschetschiladse spricht von Wahlbetrug und fordert eine Stichwahl.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2008)

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