Slowakei: Gas-Privatisierung rechtswidrig

(c) AP (Burt Hermann)
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Parlament erhebt Korruptionsvorwürfe gegen Ex-Finanzminister Ivan Miklos.

Bratislava. Eine der größten Privatisierungen der slowakischen Geschichte ist vom Parlament in einer – juristisch allerdings völlig wirkungslosen – Erklärung für gesetzwidrig erklärt worden. Nun soll auch die Staatsanwaltschaft unter anderem auf Korruptionsverdacht prüfen. Die Regierungskoalition spricht von einem Skandal, den die christlich-liberale Vorgängerregierung verschuldet habe, die bis 2006 regierenden nunmehrigen Oppositionsparteien hingegen von einer „künstlich aufgebauschten Causa“.

Beim Verkauf der staatlichen Slowakischen Gasindustrie (Slovenský Plynový Priemysel – SPP) im Jahr 2002 erhielten die ausländischen Investoren Ruhrgas und Gaz de France zwar formell nur den Minderheitsanteil von 49 Prozent, aber zugleich die Vorstandsmehrheit. Der Staat als formeller Mehrheitseigentümer behielt sich nur ein Vetorecht. Mit dieser Regelung wurde ein damals gültiges Gesetz umgangen, wonach für die Volkswirtschaft „strategische Unternehmen“ im Mehrheitsbesitz des Staates bleiben mussten. Der heutige sozialdemokratische Ministerpräsident Robert Fico hatte sich schon damals vehement gegen den Verkauf ausgesprochen und bezeichnet die getroffene Regelung nun als „wissentlichen Gesetzesbruch“. Ex-Finanzminister Ivan Miklos, der damals die Privatisierungskommission leitete, verteidigt sich dagegen: „Wir haben klar gesagt, dass wir einen strategischen Investor suchen. Damit war klar, dass die Käufer das Unternehmen lenken sollen.“ Fico kritisiert aber auch, dass der damals ausgehandelte Kaufpreis von 2,7 Mrd. US-Dollar (1,8 Mrd. Euro) „viel zu niedrig“ gewesen sei. Schließlich habe die Regierung damals selbst den kommerziellen Wert des Unternehmens auf sechs bis acht Mrd. Dollar geschätzt. Außerdem bestehe Korruptionsverdacht, weil im Auswahlverfahren nur ein einziger Bieter übrig geblieben sei, mit dem es wohl illegale Vorabsprachen gegeben haben müsse. Als Indiz wertet Fico auch, dass Miklos die zu einer kleineren Koalitionspartei gehörende Privatisierungsministerin Maria Machová bei der Abwicklung des Verfahrens ausgebootet und selbst die Regie übernommen habe. Damit sei Miklos „zu unglaublichem Reichtum“ gekommen, hatte Fico schon damals behauptet – und wurde dafür später von einem Gericht wegen Rufschädigung verurteilt.

Dubioser Beratervertrag

Fico betont aber heute, dass das Wiederaufrollen der Privatisierung im Parlament nicht gegen die Investoren gerichtet sei. Schließlich sei es deren legitimes Interesse gewesen, den Kaufpreis möglichst niedrig zu halten. Dass aber die damalige Regierung des Christdemokraten Mikulás Dzurinda (mit Finanzminister Miklos als einem von mehreren Vizepremiers) dabei mitgespielt habe, sei klare Schädigung der Staatsinteressen und damit Amtsmissbrauch gewesen. Als wichtigsten Trumpf seiner Argumentation nennt Fico aber das „astronomische“ Honorar, das dem auf angeblich intransparente Weise ausgewählten Privatisierungsberater Credit Suisse First Boston (CSFB) dafür bezahlt worden sei, dass er „aus einem einzigen Bewerber einen einzigen Bewerber ausgewählt“ und somit also eigentlich nichts zu tun gehabt habe. Einzige erkennbare Aufgabe des Beraters sei gewesen, den Preis zum Schaden der Republik künstlich niedrig zu halten. CSFB habe den Wert des Hälfteanteils damals auf nur 1,82 bis 2,35 geschätzt, um den tatsächlich erzielten Kaufpreis umso besser aussehen zu lassen. Fico war damals selbst kurzfristig in der Privatisierungskommission gesessen, hatte diese aber aus Protest gegen den niedrigen Preis und die angebliche Intransparenz des Verfahrens verlassen. Weil der Dollar gegenüber der slowakischen Krone in den Monaten nach der Verkaufsvereinbarung dramatisch abwertete, verlor die Slowakei einen beträchtlichen Teil des Kaufpreises, ohne dass es eine Versicherung für Kursverluste gegeben hatte. Eine solche Versicherung sei unüblich gewesen, rechtfertigte sich Miklosspäter. Außerdem habe niemand mit einem so riesigen Kursverlust rechnen können. Als Beweis für die „skandalöse Schlampigkeit“ der damaligen Privatisierungsaktion, die auch zusätzlich den Verdacht auf Korruption nähre, führt der jetzige Wirtschaftsminister L'ubomir Jahnátek außerdem an, dass angeblich wichtige Privatisierungsunterlagen mittlerweile unauffindbar seien. Die müsse die neue Regierung selbst verschlampt haben, außerdem sollte es kein Problem sein, Kopien davon aufzutreiben, kontert Miklos.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2008)

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