Russland: Ausweg aus der Inflationsspirale

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Die Russen fürchten einen erneuten Preissprung. Die Regierung will die Bevölkerung zum Sparen animieren.

Moskau. Nach monatelangem vergeblichen Kampf gegen die angeheizte Inflation befürchtet die russische Regierung einen weiteren Preissprung. Dieser dürfte im Mai ins Haus stehen und vor allem die ärmeren Bevölkerungsschichten treffen. Am ersten Mai werden jene Preise wieder freigegeben, die Premierminister Viktor Subkow per Ende Oktober 2007 hat einfrieren lassen.

Mit Nahrungsmittelproduzenten und -ketten war Subkow übereingekommen, bei sozial bedeutsamen Grundnahrungsmittel wie Brot, Milch, Speiseöl und Eiern bis ersten Mai einen Preisaufschlag von zehn Prozent nicht zu überschreiten. Wie Vizewirtschaftsminister Andrej Klepatsch dieser Tage mitteilte, werde diese Maßnahme nun nicht fortgesetzt, ihr Effekt sei merklich geschwunden.

Zweifel an Preiskontrolle

Experten haben von Anfang an die Maßnahmen bezweifelt. So haben die Preise allein in der ersten Aprilwoche um 0,5 Prozent angezogen, was eine kumulierte Inflation von 5,3 Prozent seit Jahresbeginn bedeutet. Selbst die eingefrorenen Preise bei Eiern und Speiseöl zogen in der ersten Aprilhälfte um ganze 2,4 Prozent an. Und Brot verteuerte sich schon im März dermaßen, dass in gewissen Regionen die Regierung intervenieren musste. Die Inflation ist zu einem der Hauptprobleme der russischen Wirtschaft geworden. Experten erwarten mit Ende 2008 eine Rate von 14 Prozent – ein Wert, der seit 2002 als überwunden galt.

Unternehmer beklagten zuletzt, dass der Verkauf der genannten Produkte nicht nur unrentabel sei, sondern mitunter auch defizitär. Der Verbraucherverband widerspricht freilich und weist darauf hin, dass die Handelsketten im Gegenzug die anderen Produkte übermäßig verteuerten. Der inflationshemmende Effekt sei verloren gegangen. Außerdem hätte sich die Qualität sozial bedeutsamer Produkte verschlechtert.

Laut Klepatsch wird sein Ministerium demnächst ein neues Programm zur Inflationsdrosselung vorlegen. Darin verabschiedet sich das Ministerium nicht nur von der Preiseinfrierung, sondern auch von neuen Begrenzungen für den Nahrungsmittelexport. So hätte es angesichts der jetzigen Ernteerwartungen keinen Sinn, den Export von Weizen durch Exportzölle weiter zu behindern, meinte Klepatsch. Subkow unterdessen sieht eine Notwendigkeit, den Fleischimport zu reduzieren.

Was die Restriktionsmaßnahmen nicht erbrachten, sollten nun stimulierende Maßnahmen bewirken. Eine davon ist, die Leute zum Sparen zu animieren. Seit Jahresbeginn schrumpften laut Ministerium die Einlagen. Gemäß dem Umfrageinstitut „Öffentliche Meinung“ hat überhaupt nur ein Viertel der Russen Bankeinlagen. Kein Wunder, werden doch die Sparzinsen von der Inflation weit überholt. Von der Sparidee erwarten sie wenig Erfolg, da die durchschnittlichen Sparzinssätze bei 7,4 Prozent liegen und wohl kaum wesentlich angehoben werden. Und überhaupt lägen die entscheidenden Faktoren für die Teuerung woanders, schreibt die Wirtschaftszeitung „Wedomosti“: zum einen in der globalen Tendenz zur Teuerung der Lebensmittel und Treibstoffe, zum anderen der im massiven Geldeinfluss ins Land, der 650 Mrd. Dollar an Gold- und Währungsreserven sowie im Stabilitätsfonds angehäuft hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2008)

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