Kreditkrise: „Rumänien macht Sorgen“

Standard & Poor's sieht Osteuropa krisenanfällig.

WIEN (mk). Sehr unterschiedlich sehen Experten die künftige wirtschaftliche Entwicklung Osteuropas. Während die Analysten von Standard and Poor's (S&P) am Montag Alarm schlugen, prognostizierte der Kreditversicherer Coface weiterhin Stabilität.

In der Analyse („Why The Global Credit Squeeze Could Hit European Emerging Market Sovereigns Hardern Than Others“) von S&P wird die Verwundbarkeit einzelner Länder aufgrund der Kreditkrise berechnet. Für die Rating-Agentur gibt es einen Zusammenhang zwischen der Liquiditätskrise und der Höhe der ausländischen Direktinvestitionen und damit auch dem Wirtschaftswachstum. „Unserer Meinung nach sind osteuropäische Staaten am anfälligsten. Asiatische und lateinamerikanische Staaten mit ihren Handelsüberschüssen und umfangreichen Fremdwährungsreserven sind im allgemeinen besser gewappnet, sollte es zu einem Austrocknen von Mittelzuflüssen im Falle eines ausgeprägteren globalen wirtschaftlichen Abschwungs kommen“, sagt S&P-Analyst Moritz Kraemer.

Besonders anfällig seien Rumänien, Lettland, Türkei und Kasachstan. Ebenfalls Sorgen müsse man sich um Ungarn, Bulgarien, Polen und Litauen machen, so die Experten von S&P.

Deutlich optimistischer fällt hingegen der Ausblick von Coface aus, der ebenfalls am Montag gegeben wurde. Die konjunkturell angespannte Lage der Weltwirtschaft würde das solide Wachstum in Osteuropa kaum beeinflussen. „In den wichtigen Absatzmärkten Österreichs ist eine sanfte Landung der Volkswirtschaften zu erwarten“, sagt Coface-Chefin Martina Dobringer. „Besonders die aufstrebende Entwicklung der Exporte mit Russland stimmt zuversichtlich.“

„Alle zehn Jahre gibt es Krisen“

Laut Joël Paillot, Direktor der Abteilung Kreditprüfung von Coface Deutschland, gibt es alle zehn Jahre eine Kreditkrise. Im Unterschied zur letzten großen Kreditkrise 2001 sei die aktuelle Lage nicht auf ein Übermaß an Unternehmensinvestitionen zurückzuführen, sondern auf eine quer durch die Länder zu beobachtende Überschuldung der Privathaushalte. Das höchste Risiko für Zahlungsausfälle liege branchenmäßig im Textilbereich, die Lage in der Stahlbranche sei als weitgehend stabil zu bezeichnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2008)

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