Russland: Putin verschreckt ausländische Investoren

(c) AP (Aleksey Nikolskyi)
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Analysten wie Investoren rätseln über das wahre Motiv der Staatsmacht nach Putins vernichtender Kritik am Kohlekonzern Mechel.

Moskau. Wie nach einer Links-Rechts-Kombination kauert der größte russische Kohleförderer und sechstgrößte Stahlkocher „Mechel“ angezählt in der Ecke und rätselt über das weitere Vorgehen der Staatsmacht. Premier Wladimir Putin hat den Konzern zweimal binnen weniger Tage attackiert und alte Angstreflexe bei Russland-erfahrenen Anlegern ausgelöst.

Das Unternehmen hinterziehe Steuern und schaffe zu Hause einen preistreibenden Kohlemangel, da es seine Produkte im Ausland zu einem Viertel des heimischen Kohlepreises verkaufe, meinte Putin am Montag und entwertete den in den USA gelisteten Konzern um zwischendurch 30 Prozent. In der Vorwoche war der Kurs zeitweilig um 40 Prozent eingebrochen und hatte den russischen Aktienindex in die Tiefe gezogen, nachdem Putin die Preismanipulationen des Konzerns gegeißelt und die Kartellbehörde mit der Klärung beauftragt hatte.

Yukos lässt grüßen

Beobachter sind nicht nur ob der rüden-aggressiven Tonart des Premiers verdattert. Sie grübeln über das Motiv der Attacken, zumal sich viele an die staatlich initiierte Zerschlagung des größten russischen Ölkonzerns Yukos mittels Steuernachforderungen erinnert fühlen. Seither war kein Konzern mehr so direkt im Fadenkreuz der Staatsführung gewesen.

Das russische Wirtschaftsblatt „RBK daily“ meint, dass es darum gehe, am Beispiel Mechels neue Steuerspielregeln für den Metallurgiesektor aufzustellen. Ziel sei, die steuerminimierenden Verkäufe an eigene Scheinfirmen im Ausland zu unterbinden. Auch der Wirtschaftsberater des russischen Präsidenten Dmitrij Medwedjew, Arkadi Dworkowitsch, sprach von der Hoffnung, dass die Causa Mechel „eine Lehre für alle ist“.

Zuvor hatte Dworkowitsch darauf verwiesen, dass Mechel mit der Kartellbehörde zusammenarbeitet. Der Chef des Kartellamtes Igor Artjomow beruhigte ebenso und nannte ein Prozent des Umsatzes als Strafe ausreichend, wenn Mechel die Steuervergehen beseitige. Mechel erzielte 2007 bei einem Umsatz von 6,68 Mrd. Dollar einen Gewinn von 913 Mio. Dollar.

Warum Putin den Konzern zweimal attackierte und auf dem Markt entwertete, löst unter Analysten Kopfschütteln aus. Erste Unkenrufe lauten dahingehend, dass der Metallurgiesektor durch die Schaffung einer Superholding unter staatliche Kontrolle gebracht werden soll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2008)

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