Immobilien: Starker Preiseinbruch steht bevor

(c) AP (Marius Nemes)
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Die Finanzkrise bringt Immobilien-Blasen zum Platzen, macht aber auch rentable Projekte unverkäuflich.

Jahrelang hatte man an der Schwarzmeerküste eine Ferienimmobilie nach der anderen aus dem Boden gestampft. „Nicht alle waren von guter Qualität“, erinnert sich Peter Oberlechner von Wolf Theiss Austria. Das war auch nicht nötig, denn Ausländer kauften zu jedem Preis. Ähnlich war es bei Grundstücken in Bulgarien: Wer sich mit den Behörden gut stellte, erhielt für nahezu alles eine Baugenehmigung. Das brachte die Grundstückspreise zum Explodieren. Auf den teuren Liegenschaften ließen sich die Käufer lieber Einkaufszentren genehmigen als Lagerhallen. Letztere rechneten sich einfach nicht, auch nicht in Randlage.

Die Folge: In den nächsten Monaten gelangen viel zu viele neue bulgarische Einkaufszentren auf den Markt, die sich gegenseitig Konkurrenz machen. „Wenn sie tatsächlich alle kommen“, schränkt Oberlechner ein. Denn die Finanzkrise könnte den Plänen der Investoren einen Strich durch die Rechnung machen. Durch sie sind die Zinsen für Projektentwicklungen in Osteuropa im Jahresabstand um 1,5 bis zwei Prozent teurer geworden. Das können sich viele schlicht nicht mehr leisten. Allein in Bulgarien liegen derzeit Immobilienprojekte im Wert von zwei Mrd. Euro auf Eis.

Krise kommt mit Verspätung

Lagerhallen gibt es hingegen viel zu wenige. Hier könnte man derzeit rentable Projekte realisieren – wenn man sie finanzieren könnte. Auch bei Parkhäusern und hochwertigen Büros gebe es in Bulgarien Nachholbedarf, berichtet Oberlechner. Ähnlich ist es in Rumänien. Was allerdings auch dort niemand mehr brauche, seien Einkaufszentren. Jedenfalls nicht mehr in den urbanen Zentren. Gutes Geld verdienen, ließe sich auch mit Wohnprojekten in Tschechien.

Die ganze Region ist mit guten Wohnungen unterversorgt. Immerhin gibt es 34 Millionen renovierungsbedürftige Plattenbauten. Lediglich in Ungarn ist die Nachfrage nach Wohnungen zuletzt etwas abgeebbt, obwohl es auch dort viele Häuser in desolatem Zustand gibt. In absehbarer Zeit dürfte aber nirgendwo viel errichtet werden. „Man bekommt momentan einfach keine Finanzierungen“, sagt Oberlechner. Die Banken machen keinen Unterschied mehr zwischen rentablen und unvernünftigen Projekten.

Dabei hat die Immobilienkrise Osteuropa noch gar nicht voll erfasst. In Westeuropa und den USA hat es bereits massive Preiseinbrüche gegeben. Dass die Krise an Osteuropa spurlos vorbeigeht, glaubt niemand mehr. „Allenfalls Asien dürfte leichter getroffen werden, weil man dort mit wenig Fremdfinanzierung arbeitet“, sagt Georg Schuh von der Deutschen Bank. In Osteuropa wird dagegen viel fremdfinanziert, weil es dort relativ viele Entwicklungsprojekte gibt (im Vergleich zu bestehenden, vermieteten Objekten, die bereits Ertrag abwerfen).

Käufer warten ab

Die Krise kommt nur deshalb später als in die USA und nach Westeuropa, weil die Investoren lange Zeit auf das starke Wirtschaftswachstum in dieser Region vertraut hatten. Diese Zeiten dürften nun vorbei sein. Wer seine Zinsen nicht mehr zahlen kann, dem werden die Banken den Geldhahn zudrehen. Oberlechner rechnet mit einer Pleitewelle bei den Immobilienentwicklern.

Darauf setzen auch die wenigen Käufer, die noch genug Eigenkapital haben: Sie hoffen auf Notverkäufe und darauf, dass Immobilienprojekte bald nicht nur zu einem „vernünftigen“ Preis zu realisieren sind, sondern noch viel günstiger. So floss im ersten Halbjahr 60 Prozent weniger Geld in den osteuropäischen Immobilienmarkt als im ersten Halbjahr 2007. Ähnlich starke Rückgänge gab es allerdings auch in Deutschland oder Großbritannien. Im zweiten Halbjahr dürfte es noch stärkere Einbrüche geben, meinen die Experten. Bei den Investitionen nach Russland gab es hingegen zuletzt – noch – ein Plus.

Die Preise für rentable Projekte werden sich erst dann erholen, wenn die Pleitewelle abgeebbt ist. Oberlechner sieht aber auch dann einen Risikofaktor: Wenn die Wirtschaft stagniert oder zurückgeht, werden Investoren trotzdem nicht die Preise erzielen, mit denen sich ihr Investment rentiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2008)

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